
Die posaune
Die Fronten sind abgesteckt
Fortgesetzt von „Größtmögliche Leserschaft“
„Wir glauben, es ist unsere „christliche Pflicht“, dieses Buch nicht mehr zu drucken … weil wir glauben, dass Herrn Armstrongs doktrinäre Fehler besser aus dem Verkehr gezogen werden.“
— Joseph Tkach Jr.
Transformed by Truth
Am 10. Februar 1997, als meine Frau und ich auf Hochzeitsreise gingen und dabei über den Atlantischen Ozean nach Europa flogen, überquerten die Rechtsanwälte der WKG, einschließlich des hausinternen Anwalts, Ralph Helge, die Straße in der Innenstadt von Los Angeles, um beim Bundesgericht Klage gegen die PKG einzureichen. Drei Wochen zuvor, am 21. Januar 1997, schrieb Herr Helge diesen Brief an meinen Vater, wobei er verlangte, dass die PKG die Verbreitung von Geheimnis der Zeitalter einstellen möge.“ Wir würden es schätzen, dass Sie uns darüber informieren, mit welcher Autorität Sie ohne die Erlaubnis der Kirche das besagte Buch kopieren und veröffentlichen?“
„Bitte benachrichtigen Sie uns umgehend bezüglich Ihrer Absichten in dieser Angelegenheit. Wenn wir nicht unverzüglich von Ihnen hören, können wir nur annehmen, dass Sie das Urheberrecht der Kirche diesbezüglich missachten, und dass Sie beabsichtigen, dies auch weiterhin zu tun. In solch einem Fall werden wir ohne vorherige Ankündigung geeignete Schritte unternehmen.“
Mein Vater war auf die Folgen seines Handelns vorbereitet. Selbst wenn das bedeutet, dass wir vor Gericht gehen müssen, um für das „besagte Buch“ zu kämpfen, dann soll es so sein. Er entschied, Helges Brief nicht zu beantworten. Die Fronten waren klar abgesteckt.
In ihrer Klageschrift vom 10. Februar, wies die WKG darauf hin, da die PKG für ihren kostenlosen Vertrieb des Buches von den Lesern Spenden erhalten könnte, würden diese die WKG der „Erlöse“ von Geheimnis der Zeitalter berauben. Wir raubten ihnen Einkommen! Sie behaupteten auch, dass aufgrund unseres Handelns, die Beziehung zwischen ihnen und ihren Mitgliedern verletzt worden wäre. Laut der Darstellung hätte die WKG bereits „nicht wiedergutzumachenden Schaden“ erlitten.
Unsere Büros haben bis einen Tag nach der Klageeinreichung, d.h. bis am 11. Februar nichts davon erfahren, als wir einen Brief vom WKG-Anwalt, Benjamin Scheibe, von den Anwaltskanzleien Browne und Woods in Beverly Hills, erhielten. Er informierte uns, dass sie am 12. Februar eine ex parte Verfügung einreichen und den Richter um eine einstweilige Verfügung fragen würden, die uns einen weiteren Vertrieb sofort verbieten würde. (Eine ex parte Verfügung ist ein gesetzliches Instrument, das nur von einer oder im Interesse von nur einer Partei in einem Verfahren und in Abwesenheit der anderen Partei gemacht wird.)
Bis zu diesem Zeitpunkt war unsere Erfahrung mit Anwaltskanzleien minimal – größtenteils auf Testamente und Erbrecht beschränkt. Jetzt befanden wir uns in einem Streit mit einer Kirche, die zehn Mal größer war als wir und von derselben Anwaltskanzlei repräsentiert wurde, die den kalifornischen Staat abwehrte, als er 1979 die WKG angriff! Dennis Leap, der die Rechtsabteilung der PKG am selben Tag übernahm, wo wir von der Klage erfuhren, telefonierte mit Terry Moyer in South Carolina. Herr Moyer war mit unserer Fernsehagentin verheiratet und einer der wenigen Rechtsanwälte, die wir persönlich kannten. Terry war bereit, uns für ein paar Tage zu vertreten, bis er eine seriöse Anwaltsfirma im südlichen Kalifornien ausfindig machen konnte.
Herr Moyer antwortete auf den Brief von Scheibe am nächsten Tag. „Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass die Philadelphia Kirche Gottes jedes ex parte Verfahren entschieden ablehnt und beabsichtigt, mit aller Bestimmtheit gegen sämtliche Forderungen Einspruch zu erheben …“ Zwei Tage später, am 14. Februar, fanden wir heraus, das die ex parte Anhörung für die folgende Woche, den 18. Februar, festgelegt worden war.
Der Rechtsstreit beginnt
Am Montag, dem 17. Februar, beauftragten wir auf Empfehlung von Terry Moyer, die Anwaltsfirma Munger, Tolles und Olson von Los Angeles. Mark Helm, der als Hauptanwalt für diesen Fall ernannt wurde, hatte nur einen Tag, um sich auf die Anhörung vorzubereiten. Terry brachte ihn über Telefon und Fax schnellstens auf den neuesten Stand über die relevanten Einzelheiten dieses ungewöhnlichen Falls. An diesem Abend telefonierte Mark Helm über eine Stunde lang mit Dennis Leap.
Am nächsten Tag stand Mark Helm allein, ohne irgendjemand von der PKG an seiner Seite, in einem Gerichtsaal in Los Angeles vor dem Richter Spencer Letts. Er stand allein da und hatte nur einen Tag gehabt, um sich auf diesen Fall vorzubereiten. Der Richter hatte das Schreiben der WKG gelesen und wunderte sich, warum von der PKG nichts eingereicht worden war. Herr Helm erklärte dem Gericht, dass er den Fall der PKG erst „vor kurzem“ übernommen hatte und noch nicht mit allen Fakten vertraut war. Wir hatten einfach nicht genug Zeit, um eine Antwort einzureichen. Dennoch konnte er dem Richter Letts folgende kurze Erklärung anbieten: „Nach unserem Verständnis ist das nicht ein Fall, wo die Weltweite Kirche Gottes das Urheberrecht nutzt, um Geheimnis der Zeitalter zu verbreiten und Gewinne zu erwirtschaften, dies ist ein Fall, wo sie versuchen, Herrn Armstrongs Bücher zu unterdrücken und nicht zu verbreiten.“
Worauf Richter Letts antwortete: „Ich sehe das auch so.“ Unsere Anwälte waren verblüfft über diese Antwort. Nur mit dem Schreiben der WKG als Anhaltspunkt, stellte Richter Letts eindeutig und schnell fest, dass die WKG seiner Meinung nach kein Recht hätte, die Werke von Herrn Armstrong zu unterdrücken. Später, während der Anhörung, wandte sich der Richter an den Anwalt der WKG und sagte: „Sie werden nicht mit Engstirnigkeit klarkommen, denn was ich über diesen Fall weiß und was Herr Helm [soeben] sagte, ist, was auch Sie mir erzählt haben, und das wirft meines Erachtens sehr ernsthafte Fragen auf und verursacht auch für die andere Seite einen sehr massiven, nicht wiedergutzumachenden Schaden.
So wie er es sah, waren sie dessen schuldig, was sie uns vorwarfen! Sie fügten uns nicht „wiedergutzumachenden Schaden“ zu, indem sie versuchten, die Werke von Herrn Armstrong zu unterdrücken.
Als Antwort auf den Hinweis des Richters, dass die WKG nach Lage der Dinge verlieren würde, rief der Anwalt der WKG, Benjamin Scheibe, aus: „Ich stehe dem Hinweis des Gerichts ein wenig ratlos gegenüber, dass nach Lage der Dinge keine Wahrscheinlichkeit des Erfolgs bestünde. Das wurde schon früh im Gerichtsverfahren zur typischen Antwort der WKG – sie reagierten ungläubig jedem gegenüber, der diesen Fall nicht als einen einfachen Verstoß gegen das Urheberrecht betrachtete. Sie besaßen das Urheberrecht, deshalb durften wir das Buch nicht drucken. So einfach war das – für sie.
Aber nicht für uns und auch nicht für Richter Letts, und, wie schon bald deutlich wurde, auch nicht für viele andere in der Welt der Juristen. Dies war ein ungewöhnlicher Rechtsstreit. Es war ein Fall, wo eine religiöse Entität ihr Urheberrecht gebrauchte, um ein Werk zu unterdrücken, mit dem sie nicht mehr übereinstimmte. Lesen Sie hier, wie Richter Letts den Streitfall in dieser ersten Anhörung beurteilte: „Ich sage Ihnen, dass das Urheberrecht zwei primäre Aufgaben hat, von denen keine hier zur Debatte steht. Eine Aufgabe ist, jede Verwechslung der Person, die das Werk publiziert, auszuschließen; die zweite ist, Fremde davon abzuhalten, von diesem Werk zu profitieren. Keine von diesen steht zur Debatte mit irgendjemand, der das Werk gänzlich unterdrücken will. … Es ging nicht darum, ob es zwei oder drei Verleger gab, sondern vielmehr darum, ob es einen oder keinen gibt.“
Scheibes Hartnäckigkeit konnte die Meinung des Richters nicht ändern. „Ich denke nicht, dass Sie sich nach Lage der Dinge durchsetzen können“, sagte ihm der Richter. „Ich verstehe ihren Standpunkt“, sagte er später, „aber ich bin nicht Ihrer Meinung“. Herr Armstrong, sagte Richter Letts, „hätte nicht zu träumen gewagt, dass, indem er das Urheberrecht der Organisation gab, die seine Organisation war und seine Religion reflektierte, seine Nachfolger ihre korporative Macht gebrauchen würden, um seine Religion zu unterdrücken oder irgendwelche früheren, praktizierenden Anhänger seiner Religion davon abzuhalten … dieses Buch auf einer immer wieder frisch gedruckten Basis zur Verfügung zu stellen, ich glaube nicht, das der Gründer so etwas geträumt hatte.“
Scheibe behauptete, dass die WKG das Werk weder unterdrückt noch aufgegeben hätte, weil sie noch immer Archivexemplare besaßen. Und außerdem gab es noch einige Exemplare in Bibliotheken! Scheibe sagte: „Eine Einstellung des Werks erfordert offenkundiges Handeln, sowie das Zerstören der letzten Exemplare eines Werkes“ – was genau das ist, was die WKG mit den 120 000 überschüssigen Exemplaren, die sie Anfang 1988 besaß, getan hatte.
An jenem Tag fielen wir in unserem Hauptquartier aus allen Wolken, nachdem wir erfahren haben, dass Richter Letts ihren Antrag auf eine einstweilige Verfügung verweigert hatte. Diese erste Anhörung ermutigte meinen Vater – Gott hatte seinen Vertrauensvorschuss unterstützt. Er wusste, dass wir uns möglicherweise auf eine lange und bittere Auseinandersetzung gefasst machen können. Aber nach solch einem frühen, überwältigenden Sieg in dem Fall, war er umso mehr überzeugt, dass Gott unsere Aktionen unterstützen würde – solange sie ihm gefielen und wir im Gauben wandelten.
Richter Letts setzte die Voruntersuchung für den 10. März fest.
Erstes Treffen mit den Rechtsanwälten
Zwei Tage nach der ex parte Anhörung, flogen Dennis Leap, mein Vater und ich nach Los Angeles, um unsere Rechtanwälte zum ersten Mal zu treffen. Bevor wir am Nachmittag des 20. Februars ihre Firma betraten, trafen wir uns, um zu besprechen, wie wir den Rechtsanwälten unsere Strategie am besten erklären konnten. Wir überlegten auch die sofortigen Maßnahmen, die unsere Kirche jetzt unternehmen könnte, wo Richter Letts den Antrag der WKG um eine einstweilige Verfügung abgelehnt hatte. Zum einen fragte sich mein Vater, ob wir sofort damit beginnen sollten, Geheimnis der Zeitalter auf unserem Fernsehprogramm anzubieten. Mein Vater wies mich auch an, eine Werbekampagne in südkalifornischen Zeitungen vorzubereiten. „Jetzt, wo wir ihren ersten Schlag abgefangen haben“, sagte er, „müssen wir zurückschlagen“. Er glaubte, dass Zeitungsanzeigen in ihrem eigenen Hinterhof helfen würden, ihre Heucheleien und Lügen ans Licht zu bringen.
Nach dem Mittagessen trafen wir uns mit Mark Helm und Ruth Fisher vom Los Angeles Büro von Munger, Tolles und Olson. Kelly Klaus vom San Franzisco Büro hörte über das Telefon mit. Am selben Nachmittag und am folgenden Tag, erklärten wir zu dritt die Geschichte unseres Werkes und seine vertrauliche Verbindung mit den Lehren von Herrn Armstrong. Wir erklärten ihnen, wie die Tkaches die Kontrolle über die WKG errangen und wie sie Herrn Armstrongs Lehren ablehnten und viele von jenen ausschlossen, die an den Glaubenssätzen des Gründers festhielten.
Die Rechtsanwälte wiederum machten uns mit einem Leitfaden für den Rechtsstreit vertraut. Während des Richters Ablehnung der einstweiligen Verfügung tatsächlich ein Sieg für uns war, hatte der Krieg gerade erst begonnen. Der Einsatz bei der Anhörung am 10. März würde viel höher sein. Die Voruntersuchungen können viel zur Entscheidung des Ausgangs des Falls beitragen, erfuhren wir.
Nachdem unsere Treffen am 21. Februar endeten, setzte sich Herr Helm mit Scheibe in Verbindung, um eine Offenlegung anzufordern, ein vorgerichtliches Verfahren, bei dem eine Seite Informationen gewinnt, die sich im Besitz der anderen Seite befinden. Im Rahmen ihrer Beschwerde erhob die WKG Anspruch auf das Urheberrecht von Geheimnis der Zeitalter, weil Herr Armstrong zu der Zeit, wo es geschrieben wurde, „ein leitender Angestellter und Mitarbeiter“ der WKG war: Wir hatten vor, diese Erklärung anzufechten, indem wir einwandten, dass Herr Armstrong derjenige war, der die Kirche aufgebaut und gegründet hatte. Der Vorwand, dass er ein „Angestellter“ der WKG war, deutete an, dass ihn irgendeine höhere Autorität in der WKG „angestellt“ hatte.
Kirchenverfassung
Die „Angestellten-Frage“, war schon am Anfang des Falles ein kritischer Punkt, weil wir Herrn Armstrongs letzte Anweisungen bezüglich Geheimnis der Zeitalter – es an die „größtmögliche Leserschaft“ zu verteilen – so oft wiederholten. Als Antwort darauf versuchte die WKG klarzulegen, dass das, was Herr Armstrong gesagt hatte, bedeutungslos war, weil er unter der Kontrolle der Kirche stand.
Die WKG hatte immer geglaubt, dass der lebende, unsichtbare Jesus Christus die Kirche leitete. Wir glaubten aber auch, dass Christus durch physische Menschen arbeitet. Und vor dem 16. Januar 1986 war Herbert W. Armstrong sein menschlicher Repräsentant. Wenn irgendjemand das verstanden hatte, dann wäre es Ralph Helge gewesen, weil er derjenige war, der Herrn Armstrong geholfen hatte, die Geschäftsordnung und Unternehmenssatzungen der Kirche aufzusetzen. Herr Helge bezeugte, dass die nichtkorporative Vereinigung – der geistige Organismus, vergessen Sie das nicht – im Grunde genommen keine weltlichen Verantwortlichkeiten hatte. Bezüglich der korporativen Entität wies er darauf hin, dass Herr Armstrong kein „uneingeschränktes Recht hatte, dem Verwaltungsrat zu sagen, dieses oder jenes zu tun.“
Dann verwiesen wir ihn auf die Unternehmenssatzungen der Kirche, die besagten, dass die „kirchliche Autorität“ Kontrolle über die „kirchlichen“ und „weltlichen“ Angelegenheiten der Kirche hat. Und was versteht man unter „kirchlicher Autorität“? Artikel 2.1 sagt, es ist die „Befugnis und Autorität, mit der Herbert W. Armstrong und seine ordnungsgemäß bevollmächtigten Delegierten, einschließlich des Beirates, ausgestattet sind. Später, im Artikel 5.2 heißt es: „Die Autorität und Befugnis von Herbert W. Armstrong, um alle Befugnisse der Kirche über die kirchlichen und weltlichen Angelegenheiten der Kirche einseitig auszuüben, soll uneingeschränkt und bedingungslos sein.“
Unser Versuch, Herrn Armstrongs eigenen Rechtsberater zu überzeugen, dass die Regierungsstruktur der WKG hierarchisch war, schien absurd. Jeder in der WKG wusste das! Nachdem er die Unternehmenssatzungen der Kirche während seiner Zeugenaussage gelesen hatte, sagte Herr Helge: „Ich denke nicht, dass es richtig ist, sich das anzusehen und so zu interpretieren, dass er die Dinge wie ein Gewaltherrscher leitete.“ Natürlich ist es das genaue Gegenteil von dem, was wir sagen wollten. Herr Armstrong leitete die Kirche wie ein liebender Vater – er suchte immer wieder ausgiebig Rat. Aber er hatte das letzte Wort – und da manche seiner letzten Anweisungen an die Kirche mit der weiten Verbreitung von Geheimnis der Zeitalter zu tun hatte, war seine Autorität in der Kirche von besonderer Bedeutung.
Paradoxerweise ist Joseph Tkach Jr., Herrn Helges Vorgesetzter zum Zeitpunkt seiner Zeugenaussage, derjenige, der die Führungs-Doktrin der Kirche dahingehend interpretierte, dass Herr Armstrong ein Gewaltherrscher war. In seinem Buch sagte Tkach Jr., dass Herr Armstrong „ganz eindeutig und absolut die Leitung unserer Kirche innehatte“ – so sehr, dass er sich unter den Kritikern außerhalb der Kirche den Ruf erworben hatte, ein „theologischer Gewaltherrscher“ zu sein. Es ist sogar noch paradoxer, dass die „absolute Autorität“, die Tkach Jr. in seinem Buch ausgiebig verurteilt, genau das Mittel war, wodurch Tkach Sr. 1986 das Amt als Generalpastor übernahm, ganz zu schweigen von Tkach Jr. im Jahr 1995. (Der allmächtige „Aufsichtsrat“ hatte in beiden Ernennungen nichts zu sagen.) Es ist auch dasselbe Mittel, mit dessen Hilfe die Tkaches Tausende von WKG-Mitgliedern exkommunizierten, die einfach nur an denselben Lehren, die Herr Armstrong sie immer gelehrt hatte, festhalten wollten.
Schon zu Beginn des Gerichtsverfahrens stellte Ralph Helge Herrn Armstrong nur als einen der Kirchenangestellten dar – der durch den Aufsichtsrat angestellt oder entlassen werden konnte. Anschließend folgte dann, dass die Kirche – bzw. der Aufsichtsrat – in dieser Rechtsangelegenheit bezüglich Geheimnis der Zeitalter das letzte Wort hatte.
Doch außerhalb des Gerichts stellte Tkach Jr. Herrn Armstrong als einen korrupten, theologischen Despoten dar, der innerhalb der Kirche die absolute Macht ausübte.
Am Anfang dieses Gerichtsverfahrens diese Doppelzüngigkeit aus nächster Nähe mitzuerleben, brachte schmerzhafte Erinnerungen zurück, wie die Tkaches damals in den späten 1980er Jahren der Kirche ihre Änderungen aufzwangen. Es dauerte nicht lange, bis wir bemerkten, dass wir vieles von dieser Geschichte der späten 1980er Jahre noch einmal miterleben mussten.
Forum-Shopping
In ihrer Offenlegungsaufforderung fragte uns die WKG um die genaue Anzahl der Bücher, die verteilt worden waren, sowie die Höhe der Spenden, die die PKG aufgrund der Verteilung erhalten hatte. Wir wollten diesen anfänglichen Offenlegungsaustausch am Montag, dem 14. Februar 1997, abschließen, so dass wir fristgerecht bis spätestens 27. Februar gegen ihre Klage Einspruch erheben konnten.
In der darauffolgenden Woche, am Dienstag, hatten wir von der Gegenseite noch immer keine Dokumente erhalten. Mark setzte sich wieder mit ihnen in Verbindung, um sie daran zu erinnern, dass unser Einspruch in nur wenigen Tagen fällig sei. Scheibe sagte, dass die WKG Probleme hätte, die Dokumente zusammenzubringen, weil viele davon in einem Lager aufbewahrt waren.
Am Mittwoch, an dem Tag, wo unser Einspruch fällig war, hatten wir immer noch keine Dokumente von der WKG erhalten. Herr Scheibe sagte, dass sie mehr Zeit brauchten, um die Dokumente zu finden und ob wir gewillt wären, das Vorgespräch und die Anhörung um eine Woche zu verschieben, ausgehend von der Annahme, dass es dem Richter recht war. Wir stimmten zu, und später vertagte der Richter die Anhörung auf den 17. März, was uns eine zusätzliche Woche gab, um unseren Einspruch vorzubereiten. Scheibe sagte, dass er die Antworten auf die Offenlegung bis zum Ende der Woche für uns haben würde.
Zwei Tage später, gegen Ende des Freitags, hinterließ Scheibe Mark eine Mailbox-Nachricht, die uns vom Hocker riss. Er sagte, die WKG hatte eine Verfahrenseinstellung beantragt. Gerade mal 18 Tage in diesem Rechtsstreit und sie hatten bereits aufgegeben! Und wir hatten noch nicht einmal irgendwelche Posten der Offenlegung erhalten – noch hatten wir einen einzigen Einspruch bei Gericht erhoben.
Am nächsten Tag, während unseres wöchentlichen Gottesdienstes, applaudierten die PKG-Mitglieder diese Nachrichten.
Am darauffolgenden Montag, am 3. März, rief Mark Helge den Anwalt der WKG an, um sich zu vergewissern, dass er die Mailbox-Nachricht vom Freitag richtig verstanden hätte. Scheibe bestätigte, dass die Klage in Kalifornien tatsächlich zurückgezogen worden war.
Später, am selben Tag, wurden uns in unserem Büro am Hauptquartier in Edmond, Oklahoma, von einem Boten Schriftstücke übergeben. Die WKG hatte eine neue Klage in Oklahoma eingereicht. Es war ein betäubender Schlag – obwohl wir nicht gänzlich erschüttert waren, dass die WKG sich auf ein Manipulieren des Systems verlegen würde.
In ihrer neuen Klage sagte die WKG, dass sie das Verfahren in Kalifornien einstellte, weil sie herausgefunden hatte, dass die Philadelphia Kirche beabsichtigte, den Fall anzufechten auf der Grundlage, dass er dort nicht hätte eingereicht werden dürfen – eine offensichtliche Erfindung. In Wirklichkeit behielt sich Mark Helm bei der Anhörung am 18. Februar nur das Recht vor, eine personenbezogene Zuständigkeit anzufechten. Denken Sie daran, er war erst am Tag zuvor mit dem Fall beauftragt worden und er hatte noch nicht alle Sachverhalte zusammengetragen.
Die WKG wandelte unseren Rechtsvorbehalt in einen Versuch unsererseits um, die Zuständigkeit anzufechten.
Die Werbekampagne
Die Verlegung der Verhandlungsorte gab der WKG die Möglichkeit, ihre Beweisführung zu verstärken, da Richter Letts klargemacht hatte, dass ihre Klage wenig Chancen hätte. Bei der Einreichung der Klage in Kalifornien erwähnten sie nichts darüber, dass die WKG Herrn Armstrongs Lehren ablehnte. Ihr Hauptargument war, dass sie das Urheberrecht besaßen und das allein sollte uns davon abhalten, das Buch zu drucken und zu verteilen.
In der Oklahoma Klage waren sie dagegen viel offener über ihre Abkehr von Herrn Armstrongs Lehren. Sie gaben zu, dass die Kirche aufgrund einer Änderung in der Lehre „das Buch absichtlich nicht nachgedruckt hat“, sich jedoch verpflichtet fühlte, sein Urheberrecht zu „schützen“. Sie sagten, während es der PKG frei steht, die Lehren des Buches zu glauben, konnten wir nicht so weit gehen, es zu veröffentlichen. Um das zu tun, würden wir unsere „eigenen, originellen Ideen vorlegen müssen.“ Außerdem hieß es in der Oklahoma Klage: „Wegen dieser Änderung im Glauben erleidet die Weltweite Kirche aufgrund der widerrechtlichen Vervielfältigung und Verteilung von Geheimnis der Zeitalter einen irreparablen Schaden durch die Philadelphia Kirche, weil sie damit das Ziel verfolgt, Glaubenssätze aufrechtzuerhalten, die die Weltweite Kirche nicht mehr anerkennt.“
Ah ja! Nun kommt die ganze Wahrheit ans Licht. Sie sagten Richter Letts, sie hätten irreparablen Schaden erlitten, weil wir von der Verteilung des Werks „profitiert“ hatten (mit anderen Worten, der „Profit“ aus den Spenden gehörte eigentlich ihnen), und weil sie „gezwungen wurden, Anwaltskosten zu übernehmen.“ Ihr Leiden rührte jetzt von der Tatsache her, dass wir Glaubenssätze und Lehren aufrechterhielten, mit denen sie nicht mehr übereinstimmten! Das kam allen Aussagen, die sie jemals bei Gericht machten, dass sie Herrn Armstrongs Lehren unterdrücken wollten, am nächsten.
Wir haben das zum Anlass genommen, um uns schnell an die Arbeit zu machen, Zeitungsanzeigen zu produzieren, während unsere Anwälte mit einem Anwalt von Oklahoma zu arbeiten begannen, um auf die letzte Klage der WGK zu antworten. In einer Besprechung am 5. März mit Dennis Leap und mir, sagte mein Vater, er möchte, dass wir diesen zweiten Angriff der WKG als eine „riesige Chance“ betrachten. Wir müssen den Vorteil zurückerobern, indem wir in die Offensive gehen, sagte er. Er erklärte, er hätte das Gefühl, die größte Schwachstelle der WKG wäre, vor der breiten Öffentlichkeit bloßgestellt zu werden. Es war vor diesem Publikum, dass die WKG sich mit der „beispiellosen“ Transformation brüstete, die ihre Kirche seit Herrn Armstrongs Tod erlebt hatte. Unsere Aufgabe, sagte mein Vater, ist, aufzuzeigen, dass dies eigentlich einer der größten Vertrauensbrüche in der Geschichte der Religion war. Er fühlte, dass Zeitungsanzeigen am leichtesten und schnellsten die wahre Geschichte bekanntmachen würden. Er gab uns den Rat, eine provozierende Schlagzeile auszudenken, wie z. B. „Warum sind sie verzweifelt bemüht, Sie vom Lesen von Geheimnis der Zeitalter abzuhalten?“
Mein Vater arbeitete einen groben Entwurf für das Muster aus, während ich am Anzeigenentwurf zu arbeiten begann. Herr Leap und ich halfen etwas bei der Recherche für die Anzeige mit. Nachdem wir sie verbessert hatten, befragten wir unsere Rechtsanwälte über die Formulierung. Es musste einfach richtig sein.
Dann, am Dienstag, dem 18. Marz, erschien unsere erste Zeitungsanzeige auf Seite 14 im vorderen Teil der Los Angeles Time unter der Überschrift: „Die Weltweite Kirche Gottes sagt, Sie dürfen dieses Buch nicht lesen.“ Neben der Überschrift war eine Abbildung von Geheimnis der Zeitalter. In den darauffolgenden Tagen erschien die Anzeige auch in verschiedenen kleineren Zeitungen in Süd-Kalifornien, sowie in der Washington Post und in der Denver Post.
Mit weniger als 1000 Wörtern brachten wir eine Zusammenfassung darüber, wie die Tkaches Herrn Armstrongs Lehren ablehnten und mehr als die Hälfte der Mitgliedschaft aus der WKG verdrängt und viele von ihnen exkommuniziert wurden. Wir erörterten auch die wichtigsten Einzelheiten des Gerichtsverfahrens. „Obwohl Herrn Armstrongs Nachfolger seine Kirche beschlagnahmt und seine Ideale verraten haben“, sagte die Anzeige, „darf ihnen nicht erlaubt werden, seine Stimme zum Schweigen zu bringen.“ Sie fuhr fort, „Wenn die Weltweite Kirche Gottes keine weitere Verwendung für Geheimnis der Zeitalter hat, sollte es nicht erlaubt sein, das Buch von jenen, die es schätzten, fernzuhalten.“
Wir wollten ihre religiöse Zensur in der Öffentlichkeit und innerhalb ihrer eigenen Gemeinden bloßstellen und gleichzeitig Werbung für Herrn Armstrongs wunderbares Buch machen. Wie mein Vater Herrn Leap und mir im Februar gesagt hatte: „Eine Anzeigenkampagne wird uns helfen, unser Ziel zu erreichen.“ Und wie es geholfen hat. Mehrere tausend Menschen reagierten auf unsere Kampagne, indem sie Geheimnis der Zeitalter anforderten. In den darauffolgenden Wochen gestalteten wir zwei Folge-Anzeigen. Alle drei Anzeigen zusammen erschienen in mehr als einem Dutzend Zeitungen.
Aber viel wichtiger als das, zumindest was den Rechtsstreit angeht, ist, wie die WKG auf die Kampagne reagierte. Unsere Anzeigen gingen ihnen richtig unter die Haut und drängten sie in die Defensive, wie mein Vater es vorhergesagt hatte. Herr Helge kontaktierte die Zeitungen, die wir im Los Angeles-Becken beauftragt hatten und forderte die Zurücknahme und drohte sogar mit einem Gerichtsverfahren.
Ihre christliche Pflicht
Etwa um die Zeit als unsere erste Anzeige in der Los Angeles Times erschien, legte Joe Tkach Jr. an seinem neuen Buch, Transformed by Truth, letzte Hand an, um später in jenem Sommer veröffentlicht zu werden. Unsere Anzeige vom 18. März veranlasste ihn, auf Seite 203 seines Buches diese Anmerkung hinzuzufügen: Im Februar 1997 erhoben wir Klage gegen die Philadelphia Kirche Gottes, eine unserer Splittergruppen, deren Hauptquartier in Edmond, Oklahoma, ist – um die Neuauflage von Geheimnis der Zeitalter zu blockieren. Die Weltweite Kirche Gottes hält immer noch das Urheberrecht zu diesem Buch und wir bestehen darauf, dass sonst niemand das Recht hat, es zu veröffentlichen. Wir glauben, es unsere christliche Pflicht, dieses Buch nicht mehr zu drucken, nicht, weil wir ‚die Kraft und Klarheit von Herrn Armstrongs Vision nicht anerkennen‘, oder weil ‚unserer Kirche (PKG) das Vertrauen in die Wirkung ihrer eigenen, verworrenen und kompromittierenden Betrachtungsweise fehlt‘, wie eine Anzeige der Philadelphia Kirche behauptet, sondern weil wir glauben, dass Herrn Armstrongs doktrinäre Fehler besser aus dem Verkehr gezogen werden.“
Diese Anmerkung der WKG war vielleicht der größte Fehler während des sechsjährigen Gerichtsverfahrens. In der Oklahoma Klage, vergessen Sie nicht, sagten sie, dass wir ihnen einen irreparablen Schaden wegen der Aufrechterhaltung der Glaubenssätze, die sie nicht mehr befolgten, zugefügt haben. Jetzt hatten wir eine viel stärkere Aussage, und zwar direkt von ihrem eigenen Generalpastor, wobei er sagte, dass sie die „christliche Pflicht“ hätten, die Werke von Herrn Armstrong zu unterdrücken! Unsere Anzeige in der Los Angeles Times war für Tkach Jr. einfach zu irritierend, um sie zu ignorieren.
Die Aussage bezüglich der „christlichen Pflicht“ brachte die WKG von Anfang an in eine fast unhaltbare Position. Wie würden sie einen Richter oder die Geschworenen überzeugen, dass sie ihr Urheberrecht nicht wirklich dazu gebrauchten, um Herrn Armstrongs Schriften zu unterdrücken, wenn in der Tat ihr eigener Führer sagte, es wäre seine „christliche Pflicht“, die Werke aus dem Verkehr zu ziehen.“
Und so wurde durch eine einzelne Zeitungsanzeige alles an die Oberfläche gebracht. Das ist der Grund, der Tkach Jr. veranlasste, spontan (und öffentlich) sein wahres Motiv für die Einbringung der Klage von Anfang an zu offenbaren. Es war nicht deshalb, um das zu schützen, was sie als wertvolles Gut betrachteten, wie wir später hörten. Auch nicht deshalb, weil sie in Zukunft große Pläne für Geheimnis der Zeitalter hatten – vielleicht um das Werk in irgendeiner kommentierten Form wieder zu vertreiben? Und es war nicht deshalb, weil sie entschlossen waren, alle von Herrn Armstrongs Werken durch E-Publishing für historische Zwecke verfügbar zu machen und um den geistigen Bedürfnissen unserer PKG Mitgliedschaft entgegenzukommen.
Das waren alles Lügen, die ihren Fall in den darauffolgenden Jahren hin und wieder beleben würden. Aber was ihren Fall vom Anfang an erledigte, war, als Tkach Jr. in einer kurzen, verärgerten Reaktion auf eine Zeitunganzeige vor seinem Computer saß und tatsächlich die Wahrheit eintippte. Als Alleinherrscher in der WKG gab er zu, dass er die „christliche Pflicht“ hätte, Herrn Armstrongs schriftliche Werke zu vernichten.
Wird fortgesetzt ...