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Karl der Grosse – Vorvater des Modernen Europas (Zweiter Teil)

Frederich August Kaulbach

Karl der Grosse – Vorvater des Modernen Europas (Zweiter Teil)

Das Heilige Römische Reich in der Prophezeiung - Kapitel drei

Fortgesetzt von Karl der Grosse – Vorvater des Modernen Europas (Erster Teil)

Der Verbündete des Vatikan

Wie schon oben erwähnt, fiel im Jahr 774 n. Chr. Karl der Große auf Ersuchen des Papstes in Norditalien ein und eroberte das Lombardische Königreich. Dann, im Jahr 799, wurde Papst Leo III. entführt, brutal geschlagen und von einer Gruppe von Verschwörern eingekerkert. Nachdem er von zwei fränkischen Kirchenleuten befreit worden war, floh er zu Karl dem Großen, der ihn zurück nach Rom eskortierte. Am 23. Dezember des Jahres 800 wurde – mit der militärischen Unterstützung von Karl und seinen Fränkischen Truppen – der Papst von allen seinen Missetaten entlastet und wieder in sein kirchliches Amt eingesetzt.

Nur zwei Tage später, am 25. Dezember des Jahres 800, während Karl der Große während eines Weihnachtsgottesdienstes in der alten Kirche des Heiligen Petrus kniend betete, setzte ihm der Papst eine Krone auf sein Haupt und ernannte ihn zum „73. Kaiser des vierten Weltreichs.“

Beachten Sie: Dieser katholische Papst identifizierte Rom als das „vierte Weltreich“. (Wir werden die biblische Bedeutung dieser Gegebenheit im neunten Kapitel erörtern).

„Nachdem Kaiserin Irene (des Byzantinischen Reiches) ihren Sohn Konstantin VI. im Jahr 797 hatte blenden lassen (er starb kurz darauf an seinen ihm zugefügten Wunden), betrachteten sowohl die Ostländer als auch die Westländer den Thron des Ostreiches als verwaist“, ist in The Mainstream of Civilisation (Hauptströmung der Zivilisation) zu lesen. „Und sie fragten sich, warum nicht das Römische Reich mit Karl (dem Großen) als Kaiser wieder auferstehen lassen?“ Das Reich Karls des Großen war nichts Neues: Es war nur eine Auferweckung von etwas, das vorher da und dann gegangen war – genau wie in der Bibel prophezeit.

Aber die Krönung Karls des Großen enthielt auch die Saat eines Streites, der das Heilige Römische Reich in den kommenden Jahrhunderten plagen sollte. Wer war die höchste Autorität? War es der Papst, „Gottes Stellvertreter auf Erden“? Oder war es der König, der die Armeen befahl? Karl der Große wusste, dass des Papstes Siegel der Anerkennung ihm seine Legitimität gegeben hatte. Aber er wollte seine Krone nicht dem Papst allein zu verdanken haben. Das hätte ihn untergeordnet und abhängig gemacht. Der Papst hatte schon früh in diesem Ringen die Oberhand gewonnen, indem er die Krone auf das Haupt Karls setzte und sich so als übergeordnet behauptete. Aber der König akzeptierte das nicht. Als Karls Sohn zum Kaiser gekrönt wurde, setzte Karl der Große selbst ihm die Krone auf.

Die Bibel beschreibt diese große falsche Kirche als eine Hure – eine Prostituierte (Offenbarung 17, 1-5). Sie gibt sich anderen hin im Austausch für Vergünstigungen. Selbst die Historiker erkennen das. Paul Johnson schreibt, dass die Römische Kirche eine „unschickliche Ehe zwischen Kirche und Staat“ bildete. Er fragt: „Hat sich das Reich dem Christentum unterworfen oder hat sich das Christentum selbst mit dem Reich prostituiert?“ (The History of Christianity).

Mit dem Aufstieg Karls des Großen beendete diese Hure ihr Engagement für das Byzantinische Reich und diente nun stattdessen den Franken. Sie legitimierte Pippin und Karl den Großen als Könige und lieferte ihnen ein wirkungsvolles Verwaltungssystem. Ohne ihre Unterstützung hätten sie Westeuropa nicht zu einem neuen Römischen Reich vereinen können. Was erhielt sie dafür als Gegenleistung? Zum einen Bekehrte. Zum anderen politische Macht. Aber die Herrschaft Karls des Großen festigte auch Roms Stellung als Haupt der „christlichen“ Welt.

Ein katholischer Kontinent wird geschaffen

Vor Karl dem Großen feierte in allen Regionen Europas die örtliche katholische Kirche Sonntagsgottesdienste nach ortsüblicher Sitte. Als Karl der Große kam, machte er es zur Regel, die Liturgie Roms anzuwenden. Im ganzen Reich wurde der Sonntagsgottesdienst auf die gleiche Weise abgehalten wie in Rom. Westeuropa war nun unter einem einzigen Reich vereinigt, der Kaiser konnte sicherstellen, dass das „Christentum“ überall einheitlich praktiziert wurde.

Unter der Leitung des Papstes vereinheitlichte Karl der Große die Observanz des Katholizismus überall in Europa und stellte sicher, dass die Einhaltung Rom-orientiert war. Er überließ es auch der Kirche, die Leben seiner Untertanen zu regulieren. „Bischöfe, Äbte, Priester und Mönche waren die wichtigsten Erfüllungsgehilfen des Königs“, schreibt Johnson. „Für die Ämter der königlichen Beamten wurden höhere Geistliche ausgewählt. Karl der Große und seine Nachfolger erweiterten und entwickelten die Anwendung der Kirchenkonzile zu gesetzgebenden und ausübenden Organen. … Durch die Kirche wurde im Zeitalter der Karolinger jeder Bereich der Lebensführung, besonders aber die wirtschaftlichen, familiären und sexuellen Beziehungen, gesetzlich in allen Einzelheiten geregelt“ (op.cit.).

Trotz der Kriege und der Gewalt Karls des Großen war seine Herrschaft nicht nur von Brutalität und Barbarei gezeichnet. Historiker sprechen von der ‚Karolingischen Renaissance‘ – eine Neubelebung der Künste und Gelehrsamkeit, die sich unter Karl dem Großem vollzog. „Sein Wissensdurst war enorm; er war begierig alles zu wissen und zu verstehen“, schrieb Robert Folz in The Coronation of Charlemagne (Die Krönung Karls des Großen). „Sein politisches Genie befähigte ihn gleichzeitig zu erkennen, dass die Kultur einer Förderung bedurfte, wenn sein Königreich den Glanz und das Ansehen der antiken Welt erlangen sollte.“

Die von Karl dem Großen befürwortete und geförderte Kultur, Politik und Bildungssysteme waren jedoch unverkennbar katholische Schöpfungen.

Der Kaiser hielt den katholischen Klerus dazu an, sich besser zu bilden. Dann wies er sie an, die Allgemeinbevölkerung zu unterrichten und im ganzen Reich Schulen zu errichten. Er förderte und unterstützte die liberale Kunsterziehung und ließ katholische Lehrer aus Italien, Irland und England kommen.

Johnson erklärte: „Sein Ziel war besonders in den letzten Jahrzehnten seines Lebens, die Zahl der gebildeten Arbeitskräfte seines Reiches zu erhöhen und einen Klerus zu schaffen, der nicht nur fähig war, die neuen Christen, die er unterworfen hatte, zu evangelisieren, sondern auch das Wissen der Christenheit überall im Reich zu vertiefen“ (op.cit.).

Vielen erschien das Bild eines aufgeklärten Herrschers, der Kultur und Bildung für alle förderte, unvereinbar mit einem gewaltbereiten Krieger, der Tausende mit dem Schwert bekehrte. Aber das Beispiel Karls des Großen erteilt uns eine wichtige Lektion: Kultur und Frieden gehen nicht immer gemeinsam einher. Das moderne Europa mag aussehen wie eine Gruppe kultivierter und hochentwickelter Nationen. Aber wie die Geschichte zeigt, bedeutet das noch lange nicht, dass es immun ist gegen die Art von Gewalt im Stil Karls des Großen.

Ein Grund, weshalb Karl so viel für die Bildung tat, waren seine vielen Eroberungen. Er brauchte geschulte Kirchenleute, um seinen neuen Untertanen die katholische Religion zu lehren. All die neuen Kirchen brauchten neue Bücher, und das wiederum erforderte mehr Sachkundige.

Karl der Große reformierte auch Europas Währung, er ließ in seinem ganzen Reich einheitliche Silbermünzen prägen. Seine Münzen halfen, den Handel anzukurbeln, aber noch wichtiger, sie gaben Europa ein Gefühl der Einheit. „Sein porträtiertes Münzgeld“, schrieb die Historikerin Joanna Story, „sandte eine eindrucksvolle und einflussreiche Botschaft von kaiserlicher Würde und imperialer Macht in die gesamte fränkische Welt – und darüber hinaus“ (Charlemagne: Empire and Society (Karl der Große: Sein Reich und deren Gesellschaft). Es verhielt sich tatsächlich so: Karls Münzen ersetzten die primitiven, vor Ort hergestellten Münzen, die den Namen eines lokalen Herrschers trugen. Sie wurden wohlüberlegt nach dem Vorbild römischer Münzprägung hergestellt und trugen zum ersten Mal seit dem Fall Roms wieder das Bildnis des Kaisers.

Ganz wie der Euro heute war Karls gemeinsame Währung ein Instrument zur Einigung des Kontinents.

‚Der Geist Karls des Großen‘

Im Dezember 1978 veranstalteten der damalige französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing und der deutsche Kanzler Helmut Schmidt ein Gipfeltreffen in Aachen, Hauptsitz der Machtstellung Karls des Großen, um die Einzelheiten des europäischen Währungssystems, Vorgänger des Euro, genauer zu besprechen. „Die Symbolik wurde sowohl von französischer als auch von deutscher Seite deutlich unterstrichen“, schreibt Bernhard Connolly in The Rotten Heart of Europe (Das verrottete Herz von Europa). „Die beiden Staatschefs statteten dem Thron Karls des Großen einen Besuch ab und es wurde ein besonderer Gottesdienst im Aachener Dom abgehalten. Am Schluss des Gipfels merkte Giscard an: „Möglicherweise brütete der Geist Karls des Großen über uns, während wir die Probleme einer neuen Währung diskutierten.“

Dies ist der Geist, den führende europäische Politiker zurückgewinnen möchten: Ein Geist, der die Währung dazu benutzte, einen sich zankenden Haufen von Nationen zu einen und zu beherrschen, während er gleichzeitig seine Macht außerhalb seiner Grenzen vermehrte, indem er die Menschen durch Folterung zur Bekehrung zwang.

Selbst katholische Historiker erkennen die zentrale Bedeutung des Katholizismus im Vermächtnis Karls des Großen an. In der Catholic Encyclopedia (Katholische Enzyklopädie) ist zum Beispiel zu lesen, dass das Vermächtnis Karls des Großen im Wesentlichen „die Idee eines aus verschiedenen Rassen zusammengeschweißten Europas unter der geistlichen Einwirkung von einem einzigen katholischen Glauben und einem Stellvertreter Christi …“ war.

Paul Johnson fasst das Reich Karls des Großen folgendermaßen zusammen: „Es legte das Fundament für die einander ergänzenden Konzepte Christenheit und Europa. Es entwarf in groben Zügen die Richtungen, welche die europäischen Institutionen und Kulturen nehmen würden. Und es bestimmte im Keim bereits viele Aspekte der Welt, in der wir heute leben. Wir betrachten zu Recht das gesamte Christentum des Karolingischen Zeitalters als eine der großen gestaltenden Phasen der menschlichen Geschichte“ (op.cit.).

Es bleibt für die meisten Menschen heute ein Rätsel, aber wenn führende politische und religiöse Persönlichkeiten davon reden, den Geist Karls des Großen wieder aufleben zu lassen, dann sprechen sie darüber: ein einziges Reich, vereinigt unter einem Führer und einer Kirche. Es stellt sich die Frage, wie weit sind die europäischen Führer bereit zu gehen, um das Vermächtnis Karls des Großen wieder auferstehen zu lassen? 

Fortgesetzt in Otto der Grosse – die Geburt des Deutschen Nationalismus (Erster Teil)

DAS HEILIGE RÖMISCHE REICH IN DER PROPHEZEIUNG

Das Heilige Römische Reich hat grundlegende und tiefgreifende Beiträge zur westlichen Zivilisation geleistet – aber seine vielen Wiedergeburten waren auch von schmerzlichen und katastrophalen Folgen begleitet. Europäische Staats- und Regierungschefs haben sich zum Ziel gesetzt, den zersplitterten europäischen Kontinent zu vereinen, indem sie das Vermächtnis dieser außergewöhnlichen Kirche-Staat-Beziehung wiederbeleben. Eine der großen Lektionen dieses Reiches ist, dass es immer wieder zurückkommt. Es gibt jedes Mal eine andere Auferstehung. Das Heilige Römische Reich ist nicht nur ein Relikt der Geschichte. Es ist im Begriff, eine zentrale Rolle im Weltgeschehen zu spielen. Wenn man die Natur und den Charakter dieser mächtigen Institution verstehen lernt, dann verrät es einem genau so viel über die Zukunft wie auch über die Vergangenheit.