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Karl der Grosse – Vorvater des Modernen Europas (Erster Teil)

Jean Fouquet/Wikimedia Commons

Karl der Grosse – Vorvater des Modernen Europas (Erster Teil)

Das Heilige Römische Reich in der Prophezeiung - Kapitel drei

Fortgesetzt von Der Katholische Kalender

Im frühen achten Jahrhundert hatte sich der Katholizismus als die dominierende Religion in Westeuropa etabliert. Trotz seiner bedeutenden geistigen und kulturellen Durchdringung war der Vatikan immer noch weit entfernt davon, Europa politisch zu vereinigen und sein oberstes Ziel, die Wiederbelebung des Römischen Reiches, zu erfüllen. Um das zu verwirklichen würde Rom einen militärischen und politischen Partner brauchen.

Rom war immer noch mit den Byzantinern verbündet. Aber die Byzantiner standen unter dem Druck vom Islam und befanden sich nicht in der Position, eine römisch-katholische Waffe zu sein. Rom brauchte einen neuen Partner.

Innerhalb weniger Jahrzehnte hatte der Vatikan seinen Mann gefunden. Er war ein außerordentlicher Feldherr und kluger Anführer. Er bewunderte das Vermächtnis des alten Roms und war begeistert von dessen Wiederbelebung in Europa. Das Wichtigste jedoch: Er war ein eifriger Katholik.

Sein Name war Karl. Und bald sollte er Karl der Große genannt werden.

Obwohl er schon vor mehr als 1000 Jahren starb, wird das Leben und Werk dieses fränkischen Königs des achten Jahrhunderts bis heute in Ehren gehalten. Die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches, geschaffen von Otto dem Großen im späten zehnten Jahrhundert, wird die Krone Karls des Großen genannt. Napoleon wurde als ‚wiedergeborener Karl der Große‘ bejubelt. Adolf Hitler studierte eifrig die Vision Karls des Großen von Europa und baute sogar sein berühmtes Adlernest auf jenem Berg, wo der Legende nach Karl der Große schläft und eines Tages auferstehen wird. Aus Bewunderung für den früheren Monarchen trafen sich die führenden Köpfe Europas in Aachen, der Hauptstadt Karls des Großen, als sie über die Einführung einer einheitlichen Währung entschieden. Jedes Jahr zeichnet die Stadt Aachen eine prominente Persönlichkeit für ‚besondere Verdienste um die Einigung Europas‘ mit einer der glanzvollsten Ehrungen, die Europa zu vergeben hat, aus – den Karlspreis.

Warum die Faszination für diesen schon lange verstorbenen Kaiser? Wer war er? Was war die wahre Natur seiner Leistungen? Am wichtigsten jedoch ist, wenn man bedenkt, dass die gegenwärtigen führenden Politiker der EU seine Leistungen gerne nachvollziehen würden, sie sich fragen sollten, wie hat Karl der Große den geteilten Kontinent geeint?

Eine politische Allianz

Vor dem Aufstieg Karls des Großen bestand Europa aus vielen Einzelteilen. Das Gebiet, auf dem heute Frankreich, Deutschland und die Beneluxländer liegen, war damals unter vielen Stämmen aufgeteilt. Ein Großteil Italiens war von den Lombarden besetzt. Byzanz war der anerkannte Nachfolger der Ostregion des alten Römischen Reiches.

Im Nordwesten Europas, dem heutigen Frankreich, waren die Franken der erste Stamm, der den Katholizismus angenommen hatte. Die Franken taten das zunächst nicht aus religiösen Gründen, sondern eher wegen politischer Vorteile. Hauptsächlich germanischen Ursprungs, nutzten die Franken die Unterstützung der katholischen Kirche, um ihre Expansionspolitik voranzutreiben. Der Vatikan verpasste keine Gelegenheit dazu, im Gegenzug verließ er sich auf den Schutz der fränkischen Herrscher. Es war eine rein politisch motivierte Union.

Das gute Verhältnis von Karl dem Großen zur katholischen Kirche hatte ihren Ursprung in seinem Großvater Karl Martel. Im Wesentlichen begann die Beziehung im Jahr 732 n. Chr., nachdem Martel die muslimischen Heere von Abdul Rahman al-Ghafiqi geschlagen hatte, die versucht hatten, von Spanien her in Europa einzudringen. Nach Karl Martels Sieg über die Mauren in der Schlacht bei Tours feierte ihn der Vatikan als Retter der Christenheit, und das, obwohl er Land und Geld von der Kirche konfisziert hatte. Der Vatikan sah in dem Sieg Karl Martels über die Muslime eine Chance.

Trotz seiner Macht als Oberhaupt der Franken, war Karl Martel eher ein Stammeshäuptling als ein König. Das änderte sich mit seinem Sohn Pippin. Es ist eine lange vergessene Tatsache, dass der Vatikan die unentbehrliche Macht war, die hinter dem Aufstieg des fränkischen Königreiches Karls des Großen steckte. Pippin wurde König, als er dem Papst schrieb, um ihn zu fragen, ob der fränkische König Childerich III. der wahre und rechtmäßige König wäre. Der Papst entschied, dass Childerichs Königtum unrechtmäßig sei und gab Pippin damit die geistige Absegnung, diesen Mann gefangen zu setzen – und das in einem Kloster.

751 n. Chr. salbten katholische Bischöfe mit der Billigung des Papstes Pippin zum König der Franken in einer Zeremonie, die der Krönung der Könige David und Salomon nachgeahmt war. Drei Jahre danach wiederholte der Papst persönlich diese Zeremonie. Das war das erste Mal in der europäischen Geschichte, dass die Römisch-Katholische Kirche das Recht für sich beanspruchte, Könige zu krönen. Später würden es dann Kaiser sein.

Die Auswirkungen der Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem fränkischen Königtum unter Karl dem Großen und seinen Vorgängern sind schwerlich überzubewerten. „Phrasen wie ‚revolutionäres Geschehen‘ oder ‚ein entscheidender Moment in der europäischen Geschichte‘ sind leicht zu schreiben, weniger leicht aber zu rechtfertigen“, schreibt der Historiker Donald Bullough in seinem Buch The Age of Charlemagne (Das Zeitalter Karls des Großen). „Allerdings lässt die direkte Verstrickung des Bischofs des imperialen Roms an einem Wechsel des Königshauses inmitten eines germanischen Volkes, die Verbindung einer religiösen Zeremonie mit der Krönung eines Königs und der damit einhergehenden unvermeidlichen politischen Konsequenz einer engeren Verflechtung zwischen dem Papsttum und dem größten der Römisch-Germanischen Königreiche solch eine Ausdrucksweise zu, selbst wenn sich herausgestellt hätte, dass der Sohn und Nachfolger Pippins nicht der Mann gewesen wäre, der er war.“

Durch die Einsetzung Pippins zum König der Franken hatte sich die Kirche einen Verbündeten gesichert. Und unter Pippins Sohn Karl dem Großen würde diese Allianz für immer sicherstellen, dass Europa ein katholischer Kontinent war – durch Gewalt und Krieg nie dagewesenen Ausmaßes in diesem Land.

Der Aufstieg Karls des Großen

Im Jahr 755 n. Chr. führte König Pippin auf Ersuchen des Papstes sein fränkisches Heer nach Italien. Pippin besiegte rasch die Lombarden und sicherte dabei die Hoheitsgebiete des Vatikans und beseitigte die lombardische Bedrohung gegen den Papst. Kurz darauf starb Pippin und sein Reich wurde unter seinen zwei Söhnen, Karl dem Großen und Karlmann, aufgeteilt. Drei Jahre später starb Karlmann und Karl der Große wurde zum alleinigen König der Franken.

Im Jahr 774 n. Chr., nachdem das fränkische Königreich nachdrücklich gefestigt war, unternahm Karl der Große eine kurze Reise nach Italien, um dem Papst Hilfe zu leisten. Nachdem sie den Vatikan abgesichert hatten, schickten er und sein Heer sich an, Europa zu erobern. In den nächsten 25 Jahren verfolgte er sein Ziel, die Stämme Europas zu unterwerfen und Europa in einen geeinten katholischen Kontinent zu verwandeln.

„Die ersten drei Jahrzehnte der Regentschaft Karls des Großen waren beherrscht von seinen Feldzügen“, erklärt die Encyclopedia Britannica, „die von verschiedene Faktoren angetrieben waren: Die Notwendigkeit, sein Königreich gegen Feinde von außen und Separatisten von innen zu verteidigen, das Verlangen nach Eroberung und Kriegsbeute, ein sicheres Gespür für gute Gelegenheiten, die die wechselnden Machtverhältnisse boten und der Drang, das Christentum zu verbreiten“ (Hervorhebung durchgehend hinzugefügt).

Ein europäischer Stamm nach dem anderen fiel Karl dem Großen und seinem katholischen Hammer zum Opfer. Nur ein Stamm hielt den katholischen Kreuzzüglern stand. Die im Norden Zentraleuropas angesiedelten Sachsen hielten an ihrem Glauben fest und weigerten sich, dem Versuch Karls des Großen, ihnen den Römischen Katholizismus aufzuzwingen, nachzugeben.

Karl der Große war wutentbrannt. Er intensivierte seine Entschlossenheit, die Sachsen zum Katholizismus zu bekehren. Diese widersetzten sich jahrelang und kämpften gegen die katholischen Heere, wann und wo sie nur konnten. In einem der Kämpfe ließ Karl der Große 4.500 sächsische Gefangene exekutieren. Aber seine Barbarei stärkte die Standhaftigkeit der Sachsen nur noch mehr.

Unter der Herrschaft Karls des Großen wurden zehntausende Sachsen gezwungen, sich zum katholischen Glauben taufen zu lassen. Strenge Gesetze zur Erzwingung der katholischen Gläubigkeit wurden im ganzen europäischen Reich Karls des Großen erlassen. Die Verbrennung der Toten, ein alter heidnischer Brauch, war unter Androhung der Todesstrafe verboten. Im Gegensatz dazu war die Strafe für Mord lediglich die Zahlung einer Entschädigung an die Familie des Ermordeten – vorausgesetzt klarerweise, dass der Ermordete kein Priester war. Alle Kinder mussten getauft werden, bevor sie ein Jahr alt waren. Nicht genehmigte öffentliche Versammlungen waren streng verboten – was es illegal machte, den Sabbat am Samstag zu halten.

Über einen Zeitraum von mehr als dreißig Jahren wurden viele tausend Sachsen wegen ihres Glaubens hingerichtet. Mindestens achtzehn Feldzüge waren nötig, bis letztendlich Karl obsiegte: die Sachsen wurden gezwungen, entweder zum Katholizismus überzutreten und sich Karl dem Großen und dem Papst zu unterwerfen oder getötet zu werden.

Als Kaiser des „Heiligen“ Römischen Reiches sah es Karl als seine Pflicht an, den christlichen Glauben unter Anwendung aller Mittel zu verbreiten. In der Encyclopedia Britannica (15. Ausgabe) steht: „Die gewalttätigen Methoden, mit denen diese missionarische Aufgabenstellung bewerkstelligt wurde, waren bis zum frühen Mittelalter weitgehend unbekannt gewesen, und die blutige Bestrafung derjenigen, die das Kirchenrecht verletzten oder weiterhin heidnische Riten praktizierten, rief sogar in Karls eigenen Reihen Kritik hervor. Das Ausmaß an Gewalt, die Karl der Große gebrauchte, um seinen Untertanen den Katholizismus aufzuzwingen, war in den früheren Reichen völlig unbekannt gewesen. Sein Imperium mag ausgeprägte Verbindungen zu den alten Römern gehabt haben, aber mit Sicherheit war es nicht „heilig“, auch wenn es von einer großen Kirche geleitet wurde. Ist dies das Erbe, welches das moderne Europa anstrebt? 

Fortgesetzt in Karl der Grosse – Vorvater des Modernen Europas (Zweiter Teil)

DAS HEILIGE RÖMISCHE REICH IN DER PROPHEZEIUNG

Das Heilige Römische Reich hat grundlegende und tiefgreifende Beiträge zur westlichen Zivilisation geleistet – aber seine vielen Wiedergeburten waren auch von schmerzlichen und katastrophalen Folgen begleitet. Europäische Staats- und Regierungschefs haben sich zum Ziel gesetzt, den zersplitterten europäischen Kontinent zu vereinen, indem sie das Vermächtnis dieser außergewöhnlichen Kirche-Staat-Beziehung wiederbeleben. Eine der großen Lektionen dieses Reiches ist, dass es immer wieder zurückkommt. Es gibt jedes Mal eine andere Auferstehung. Das Heilige Römische Reich ist nicht nur ein Relikt der Geschichte. Es ist im Begriff, eine zentrale Rolle im Weltgeschehen zu spielen. Wenn man die Natur und den Charakter dieser mächtigen Institution verstehen lernt, dann verrät es einem genau so viel über die Zukunft wie auch über die Vergangenheit.