DIE POSAUNE
Gegenforderung zur Rettung
Fortgesetzt von „Zweite Runde: WKG“
„… die Weltweite Kirche behauptet, sie hätte Anspruch auf alle Zehnten und anderen Beiträge, die den Splittergruppen der Kirche von den Menschen gegeben werden, die von den Exemplaren des Buches, die die Gruppe druckte, inspiriert werden.“
— Wall Street Journal
21. Februar 2001
Am darauffolgenden Tag, nachdem das Neunte Bundesberufungsgericht seine Stellungnahme abgegeben hatte, stellten wir die Verteilung von Geheimnis der Zeitalter und der anderen fünf Werke von Herrn Armstrong, die wir gedruckt hatten, ein. Dann nahm sich mein Vater einige Tage Zeit, um unsere rechtlichen Möglichkeiten abzuwägen und Gott um Hilfe zu bitten. Wie wir uns schon während des Gerichtsverfahrens daran gewöhnt hatten, kam er am 28. September aus seiner Zurückgezogenheit heraus, bereit für einen Offensivschlag. Er erinnerte Dennis Leap und mich an das, was wir gesehen hatten. Gott hatte Richter Letts inspiriert, die Kernpunkte unseres Falles zu verstehen, sagte mein Vater. Gott hatte Mark Helms Plädoyer am Neunten Berufungsgericht inspiriert. Gott hatte Richter Brunettis abweichende Meinung im Neunten Kreis inspiriert. „Denkt an das, was wir erlebt haben in diesem Fall, und seid dadurch ermutigt“, sagte er. Er erinnerte uns, dass Herr Armstrong praktisch sein ganzes Leben lang am Rande der Katastrophe operierte. „Alles“, sagte er, „beruht auf Glauben.“
In Anbetracht dessen entschied er, die Verteilung von Herrn Armstrongs Werken wieder aufzunehmen, bis zur Erteilung der offiziellen Unterlassungsanordnung durch das Gericht (die Entscheidung des Berufungsgerichts diente nicht für eine solche Verfügung). Es war ihm sehr wohl bewusst, dass die WKG diese Handlung wahrscheinlich als „Beweis“ unserer „vorsätzlichen Absicht“, das Gesetz zu brechen, anführen würde. Aber da der Beschluss, der von uns die Einstellung der Verteilung verlangte, noch nicht erlassen war, fühlte mein Vater, dass es kleingläubig wäre, Gottes Wahrheit nicht zu verbreiten. Natürlich beabsichtigten wir, dem Beschluss sofort zu entsprechen, sobald die einstweilige Verfügung angeordnet war. Aber bis dahin war es ein Wettlauf gegen die Zeit, danach zu trachten, so viel Literatur wie möglich zu verteilen, bevor wir angewiesen würden, dies einzustellen.
Unsere Trumpet vom November 2000 hatte diese Schlagzeile über die ganze Titelseite verteilt: „Ein moderner Bücherbann.“ In dieser Ausgabe sprachen wir von unserer christlichen Pflicht und warum wir so viel riskierten, um Geheimnis der Zeitalter verfügbar zu machen. Wir schrieben: „Die Weltweite Kirche Gottes hat kein Interesse, Geheimnis der Zeitalter jemals wieder in irgendeiner Form zu drucken. Selbst dann, wenn sie so ein Projekt in Angriff nehmen würde, vielleicht nur um uns zu ärgern, wäre es die verletzendste Verurteilung von Herrn Armstrong und seiner Lehren, die Sie je gelesen haben – stark vergleichbar mit dem Buch Transformed by Truth.
„Deshalb fühlen wir, dass es unsere Pflicht ist, dieses Buch der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen – und zwar kostenlos.“
In der Januar-Ausgabe des Jahres 2001 brachten wir eine doppelseitige Anzeige mit der 1980er Ausgabe des Buches Die USA und Großbritannien in der Prophezeiung. Wir baten die Leser, „… wenn Sie kein Exemplar von der größeren Version haben, beantragen Sie bitte Ihr Exemplar, solange Sie es noch können.“ Wir wussten, dass die Verfügung jeden Tag eingereicht werden konnte, deshalb versuchten wir, so viele Bücher wie nur möglich zu versenden. Diese Anzeige brachte mehr als 3 000 Anforderungen für das Buch.
Im darauffolgenden Monat taten wir das Gleiche mit dem Buch Die fehlende Dimension im Sexualwissen und ermahnten die Leser: „Es könnte Ihre letzte Chance sein, dieses Buch jemals zu bekommen!“ Leider landete diese Ausgabe zu spät in den Postkästen. Am Abend des 29. Januar 2001 wurde die gerichtliche Verfügung schlussendlich angeordnet. Genau genommen war uns nur die Verteilung von Geheimnis der Zeitalter untersagt worden. Aber wir entschieden, die Verteilung aller Werke von Herrn Armstrong einzustellen.
Folglich war es uns nicht möglich, tausende von Anfragen für das Buch Die fehlende Dimension im Sexualwissen zu befriedigen. So ersuchten wir alle, die nach dem Buch fragten, Kontakt mit der WKG aufzunehmen. Wir gaben ihnen sogar die Adresse und Telefonnummer der WKG. Da die WKG jetzt große Pläne mit Herrn Armstrongs Literatur vorhatte, ermutigten wir die Leute, die WKG anzurufen und nachzufragen, wie die Pläne für die Verteilung von Herrn Armstrongs Werken vorangingen.
Das Wall Street Journal
Bis zu diesem Zeitpunkt in dem Fall mussten wir Werbeflächen kaufen, um unsere Geschichte einem Massenpublikum zu erzählen. Deshalb waren wir begeistert, als uns im November 2000 der Wall Street Journal Reporter Jess Bravin kontaktierte. Das Journal hat eine Auflage von etwa 2 Millionen und wird in Geschäfts-, Finanz- und Juristenkreisen weltweit gelesen. Eine ganzseitige Anzeige in einer Publikation seines Formats kostet ungefähr 175 000 Dollar. Wir wussten also, dass, wenn wir eine echte Geschichte aus diesem Geschäft herausschlagen könnten, es unserer Sache sehr nützlich sein würde – und dies kostenlos.
Bravin fühlte sich zu unserem Fall wegen seiner Einzigartigkeit hingezogen. „Es war absolut faszinierend“, sagte er, „zwei Kirchen, die sich wegen inspirierter Schriften gegenseitig verklagen.“ Bezüglich der rechtlichen Fragen in dem Fall war er fasziniert von der „ganz ungewöhnlichen Kollision zwischen Urheberrecht, Rede- und Religionsfreiheit“ – die alle, sagte er, von der Verfassung geschützt sind.
Unsere Rechtsanwälte versorgten ihn mit den relevanten rechtlichen Erläuterungen und Auffassungen, und wir gaben ihm einen Stoß von Herrn Armstrongs Literatur, ebenso wie das Buch Transformed by Truth. Danach hörten wir einige Wochen nichts von ihm. Eine Zeitlang war er von der heißumstrittenen Präsidentenwahl des Jahres 2000 abgelenkt. Trotzdem waren wir erpicht von ihm zu hören – und hofften, dass seine Redakteure die Geschichte nicht ablehnen würden.
Schon bald nachdem die Wahl-Krise endete, kontaktierte er Dennis, um ihm zu sagen, dass er mit unserer Geschichte weitermachte. Er vereinbarte, sich mit uns in unserem Hauptquartier in Oklahoma zu treffen. Er kam am Freitag, dem 26. Jan. 2001 in Edmond an, und wir begleiteten ihn auf einer Tour durch unsere Büros und Einrichtungen. An jenem Nachmittag setzte er sich hin, um meinen Vater mehr als zwei Stunden lang zu befragen. Während des Interviews erklärte mein Vater, wie er als junger Mann in die Weltweite Kirche Gottes gekommen war. Er erzählte nochmals die Ereignisse rund um seine Entlassung im Jahre 1989. In seinem Gespräch über die Entstehung der Philadelphia Kirche Gottes nach der Spaltung erzählte er Jess, „alles was wir jemals tun wollten, ist, das fortzuführen, was Herr Armstrong getan hat.“ Mein Vater gab zu, dass wir nicht das sind, was man eine etablierte Religionsgemeinschaft nennen würde. Aber wie Herr Armstrong bekennen wir, Anhänger der Botschaft Jesu Christi zu sein, wie sie in der Bibel offenbart ist, sagte er.
Am nächsten Tag luden wir ihn ein, an unserem Gottesdienst teilzunehmen, wo ich zufälligerweise die Predigt gab. Da er in der Vorwoche einen Gottesdienst bei der WKG besucht hatte, bemerkte Herr Bravin hinterher, wie verschieden die zwei Gottesdienste waren. Beim WKG-Gottesdienst gab es mehr Gesang und Bewertungen, während unserer lehrreicher war. Ich sagte ihm, dass das Format unseres Gottesdienstes genauso ist, wie es früher in der WKG gewesen war.
An dem Abend luden wir ihn zum Abendessen ein und dann zu einem von unserer Philadelphia Stiftung geförderten Konzert. Natürlich hatten wir keine Ahnung wie wir in seinem Stück dargestellt werden würden, aber es war trotzdem spannend ihn bei uns zu haben – und zu wissen, dass unser Gerichtsverfahren das alles ausgelöst hatte.
Titelseite!
Spät am Dienstagabend, dem 20. Februar, rief Jess Herrn Leap an, um uns zu sagen, dass die Geschichte am folgenden Tag erscheinen würde. Am nächsten Morgen fuhr ich um 5:30 Uhr zur Arbeit und hielt kurz bei einem Mini-Markt an, um die Zeitung zu holen. Der Angestellte musste gedacht haben, dass ich etwas merkwürdig sei, als er mir zuschaute, wie ich in den Laden rannte, ein Wall Street Journal ergriff und ausrief: „Ich kann es nicht glauben!“ Dort, auf der Titelseite in der linken Spalte über dem Falz prangte unübersehbar am Anfang des Artikels eine Zeichnung von Herrn Armstrong. Ohne den Artikel überhaupt zu lesen genügte das für mich, mein Herz vor Begeisterung höher schlagen zu lassen! Ich kaufte drei Exemplare und ging zur Arbeit, wo ich mich endlich hinsetzte um den Beitrag zu lesen.
Bravin erzählte die Geschichte einer Kirche, die sich von den Grundsätzen ihres Gründers nach seinem Tode distanzierte, und zwar sogar bis zu dem Punkt, dass sie seine geschriebenen Werke zerstörte und alle anderen daran hinderte, diese Werke zu drucken. „Dadurch“, schrieb er, „fuhr eine Splittergruppe in Oklahoma fort, Herrn Armstrong bei seinem Wort zu nehmen. Da sie Neubekehrte mit all den Erkenntnissen von Herrn Armstrong versorgen wollte, begann die Gruppe, Geheimnis der Zeitalter zu drucken und es zu verschenken.
Das Ergebnis, erklärte er, war „eine ungewöhnliche Anfechtungsklage.“ Er fuhr fort: „Die Weltweite Kirche hat keine Umsätze aus dem Buch des Gründers verloren, weil sie nie etwas dafür verlangte solange es herausgegeben wurde und hat sicher nicht den Wunsch, es jetzt zu verkaufen; außerdem hat ihr Gegner das Buch niemals verkauft. Aber die Weltweite Kirche behauptet, sie habe Anspruch auf alle Zehnten und anderen Beiträge, die den Splittergruppen der Kirche von den Menschen gegeben werden, die von den Exemplaren des Buches, das die Gruppe druckte, inspiriert werden.“
Schon nach dem sechsten Absatz in seinem Beitrag erzählte er den Lesern von der Entschlossenheit der WKG, der PKG die Zehnten und Opfer wegzunehmen, was absolut richtig war. Wir verlangten nichts für das Buch, also welches Geld außer den Zehnten und Opfern unserer Mitglieder soll es geben, dass man es in einer „Schadenersatzklage“ fordern könnte?
Von hier an befasste er sich eingehend mit einer kurzen Geschichte von Herrn Armstrongs Predigerschaft, mit dem Tkachismus und dem Auftauchen der PKG auf der Bildfläche. Nicht alles in dieser Geschichte wurde, Herrn Armstrong betreffend, positiv zum Ausdruck gebracht, aber es wurde ganz klar die Tatsache hervorgehoben, dass wir in Herrn Armstrongs Fußstapfen folgten. Und er machte auch eine Bemerkung über Tkachs Aussage von der „christlichen Pflicht“ – etwas, dessen wir nicht überdrüssig werden, es gedruckt zu sehen.
Obwohl einiges von der Geschichte hätte besser geschildert werden können, hatte mein Vater das Gefühl, dass wir, was den rechtlichen Rahmen betrifft, sehr gut abgeschnitten haben. Demgemäß bemerkte mein Vater: „Ich glaube, es hätte nicht ausgewogener sein können.“
Unsere Rechtanwälte waren erfreut über den Artikel.
Herr Tkach Jr. war nicht gerade glücklich mit Bravins Arbeit. Laut Tkach hatte Bravin ihn und Greg Albrecht „neun Stunden lang“ interviewt und ihn trotzdem nur zweimal zitiert. „Nur eines der Zitate war tatsächlich richtig“, sagte er in einem Interview. Tkach war auch der Auffassung, dass Bravins Aussage über die WKG, dass sie hinter unseren Zehnten und Opfern her wäre, irreführend sei. „Tatsache ist“, sagte Tkach, „dass das Berufungsgericht des neunten Kreises zu unseren Gunsten entschieden hat, und letztendlich wird Gerald Flurrys Gruppe Schadenersatz zahlen müssen für das begangene Unrecht.“ Er fuhr fort: „Normalerweise sollten wir Anspruch auf den Profit aus dem Verkauf des Buches haben. Aber da das Buch verschenkt und nicht oft verkauft wurde (abgesehen von einer kurzen Zeit in Buchläden), könnte das Gericht als Schadenssumme den Geldbetrag akzeptieren, den Flurry erhielt und der auf das Buch zurückführbar ist, mit anderen Worten, die Spenden von Leuten die das Buch bekamen und Geld schickten. Offensichtlich wird dies eine Berechnung eines Dollarbetrages sein und es werden nicht die jeweiligen Schecks der Spender irgendwie an uns überschrieben.“
Hinsichtlich Bravins Bemerkungen über die WKG, die unsere Zehnten und Opfer haben wollte, sagte der Psychologe Tkach, Bravin hat bildlich gesprochen, nicht wörtlich. Später schlug er vor, wir sollten einen Teil unseres Besitzes verkaufen, um die Schäden zu bezahlen. Natürlich gibt es kaum einen Unterschied zwischen dem Erlös aus einem Grundstücksverkauf und den Zehnten und Opfern von Mitgliedern, weil wir ohne die Spenden der Mitgliedschaft das Grundstück überhaupt nie bekommen hätten.
„Harvard Law Review“
Wenn uns das Wall Street Journal geholfen hat, einiges Interesse in der Außenwelt zu erwecken, so gab uns der Harvard Law Review zusätzliche Hoffnung, dass die Dinge sich bei Gericht wenden könnten. Die Aprilausgabe 2001 dieses wohlbekannten Rechtsjournals kritisierte das neunte Berufungsgericht für die sehr enge Anwendung des Urheberrechtsgesetzes. „Indem sie der religiösen Natur des Textes nicht genügend Bedeutung beigemessen hat“, sagte der Artikel, „interpretierte das Gericht das Fair-Use-Prinzip auf eine Weise, dass es den Zielen einer Lehre, die dazu konzipiert war, die freie Gedankenäußerung zu fördern und nicht zu behindern, widersprach.“ Natürlich, genau das haben unsere Rechtsanwälte schon die ganze Zeit vorgebracht. In technischer Hinsicht hielt die WKG das Urheberrecht für Geheimnis der Zeitalter. Aber sie verwendeten es rechtswidrig – um die freie Meinungsäußerung von Herrn Armstrong zu unterdrücken. „Der schwerste Fehler in der Auswertung des Gerichts“, setzte der Review fort, „war sein Versäumnis, der zentralen Bedeutung von Geheimnis der Zeitalter für die PKG genügend Geltung zu verleihen, was zur falschen Anwendung des Fair-Use-Faktors führte. Geheimnis der Zeitalter ist vorgeschriebene Lektüre für jene, die in der Kirche getauft werden wollen, und der Grundsatz der Kirche verlangt das Lesen des Buches vor der Teilnahme an Gottesdiensten, weil es ‚den Schlüssel zum Verständnis der Bibel‘ liefert. Der Einwand anerkannte diese zentrale Bedeutung. Die Mehrheit jedoch behandelte das Kopieren und Verteilen von Geheimnis der Zeitalter durch die PKG als einen einfachen Fall von Rechtsverletzung. Sie konnte nicht erkennen, dass ein Verwendungsverbot des Buches für die PKG sowohl die einzigartige Meinungsäußerung in dem Buch als auch die Möglichkeit der PKG-Mitglieder, nach ihrem Glauben zu leben, unterdrücken würde.
Wenn die Mehrheit sich irrte indem sie diese zentrale Bedeutung nicht erkannte, machte sie die Sache nur noch schlimmer, indem sie den Plänen der WKG Glaubwürdigkeit schenkte, eine kommentierte Version von Geheimnis der Zeitalter zu produzieren.
„Die Annahme des Gerichts, dass die WKG Geheimnis der Zeitalter nicht von der Öffentlichkeit (oder von der PKG) fernhalten wollte, beruhte auf einem nicht stichhaltigen Glauben an die Richtigkeit der Kommentierungspläne der WKG; es bevorzugte dann diese spekulativen Pläne dem unmittelbaren religiösen Bedarf dieses Buches für die PKG.“
Genauso wie Brunetti vermerkte auch der Review, dass die WKG überhaupt keine Pläne hatte, Geheimnis der Zeitalter zu reproduzieren – sicher nicht in der Form wie Herr Armstrong es gedruckt hatte.
„Die WKG zog Geheimnis der Zeitalter aus dem Verkehr, weil ihre Führer glaubten, es wäre ihre ‚christliche Pflicht‘, ein Verbreiten der doktrinären Fehler des Buches zu vermeiden. Die Gründe der Kirche, warum sie ein Vervielfältigen von Geheimnis der Zeitalter durch die PKG nicht wollte, waren eindeutig keine Marktangelegenheiten.“
Ganz genau. Sie hatten kein Interesse daran, den „Markt“ für Geheimnis der Zeitalter zu nutzen. Aber jetzt, wo sie das Neunte Berufungsgericht zu einer Rücknahme des Beschlusses überredet hatten, waren sie brennend an den Spenden der PKG-Mitglieder, die vom Lesen des Buches inspiriert wurden, interessiert. Während der Fall voranschritt, dachten wir, dass die Richter und Jurymitglieder die Unehrlichkeit hinter den vom Gerichtsverfahren inspirierten Tätigkeiten der WKG begreifen würden. Sie waren nicht daran interessiert, das Urheberrechtsgesetz für den Schutz der freien Meinungsäußerung zu nutzen. Ihr Ehrgeiz galt der Unterdrückung von Herrn Armstrongs religiösen Ansichten und dass sie dabei ein wenig von unserem Geld ergatterten.
Der Harvard Law Review schlussfolgerte: „Das Versagen des Gerichts, den Fall als das zu sehen, was er war – der Versuch einer Kirche, durch die Anwendung des Urheberrechtsgesetzes eine Irrlehre zu unterdrücken – verleitete es dazu, den Zweck der Fair-Use-Doktrin zu übersehen und die Monopolisierung einer religiösen Idee zu ermöglichen.“
Von der Gegenforderung Abhängig
In unserer Berufung an den Obersten Gerichtshof beharrten wir weiterhin darauf, dass – ungeachtet ihrer Rechtsstreit-Masche – die WKG keine Absicht hatte, Geheimnis der Zeitalter jemals herauszugeben: „Während es jedem frei stehen sollte, die Richtigkeit der Ideen des Schöpfers zu erörtern, sollte niemand die Macht haben, diese Ideen einfach deshalb zu unterdrücken, weil er oder sie mit ihnen nicht einverstanden ist.“
Am 2. April billigte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten die Rücknahme des Beschlusses des Neunten Bundesgerichts und entschied, unsere Berufung nicht anzuhören. Das Gericht gab keinen Grund für die Nichtanhörung der Berufung an. Aber so schwer es auch sein mag, eine Anhörung seines Falles in Washington zu erreichen, es ist noch viel schwieriger, wenn ein weiteres Gerichtsverfahren auf einer niedrigeren Ebene anhängig ist. In unserem Fall stand der Schadensersatzprozess erst vor seinem Beginn.
Außerdem musste die Gegenforderung, die wir gegen die WKG für die anderen 18 Werke erhoben hatten, noch geklärt werden. Wir blieben daher zuversichtlich, dass der Oberste Gerichtshof den Fall wiederaufnehmen würde, sobald alles andere letztlich entschieden war.
Der Schadensersatzprozess sollte Anfang Februar 2001 beginnen. Und zu diesem Zeitpunkt in dem Prozess erreichte Richter Letts den „Senioren-Status“ (semi-Ruhestand), der ihm erlaubte, sich von seinem Engagement in unserem Fall zurückzuziehen. Deshalb wurde alles aufgeschoben, um einem neuen Richter die Zeit zu geben, sich einzuarbeiten.
In der Gerichtsverhandlung am 7. Mai mit der für unseren Fall jetzt zuständigen Richterin Christina Snyder wurde unser Antrag, unsere Gegenforderung mit dem Religious Freedom Restoration Act des Kongresses [RFRA] (Wiederherstellung der Religionsfreiheit) zu ergänzen, bewilligt. Der Kongress hatte das Gesetz als Maßnahme zum Schutz religiöser Praktiken vor anderen Gesetzen verabschiedet. In diesem Fall behinderte das Urheberrechtsgesetz, wie es vom Neunten Berufungsgericht interpretiert wurde, unsere freie Religionsausübung. Sehr früh in der Gerichtsverhandlung war die Verfassungsmäßigkeit des RFRA in anderen Fällen in Frage gestellt worden. Und weil Richter Letts es in unserem Fall als nicht erforderlich angesehen hatte, hat er dessen Anwendung für Geheimnis der Zeitalter verweigert. Aber seither hat der Oberste Gerichtshof dieses Gesetz in bestimmten Bundesfällen aufrechterhalten. Weil bedauerlicherweise der RFRA in unserem Fall herausgenommen worden war, wurde er auf der Ebene des Neunten Bundesbezirksgerichts nicht als Verteidigung angewendet. Deshalb wollten wir ihn in unseren Fall wieder einsetzen. Und während uns die neue Richterin den Einwand für die RFRA-Verteidigung im Schadensersatzprozess für Geheimnis der Zeitalter nicht gestattete, erlaubte sie uns, ihn als einen Teil unserer Verteidigung in der Gegenforderung heranzuziehen.
Mittlerweile machte die WKG Druck, um ein zusammenfassendes Urteil in der Gegenforderung zu erwirken. Sie argumentierte einfach, dass alles, was das Neunte Berufungsgericht bezüglich des Falles um Geheimnis der Zeitalter beschlossen hatte, bei den anderen 18 Werken, die wir in unserer Gegenklage einforderten, ganz allgemein angewandt werden sollte. Zu Beginn des Rechtsstreits konnte man leicht annehmen, dass unsere bei weitem größte Chance eine Fair-Use-Bewilligung zum Drucken von Geheimnis der Zeitalter sein würde, insbesondere angesichts des hohen Lobes, das Herr Armstrong und Herr Tkach Sr. für das Buch hatten und ihres einvernehmlichen Wunsches für seine große Verbreitung in den Jahren 1985 und 1986. Aber jetzt, im Laufe von vier Prozess-Jahren, hatte sich die gesetzliche Landschaft verändert.
Sie werden sich erinnern, dass wir zum ersten Mal von einem „kommentierten“ Geheimnis der Zeitalter am 8. Sept. 1998 hörten, während der eidesstattlichen Aussage von Tkach Jr. Er räumte ein, dass es nicht von hoher Priorität wäre, aber dass Greg Albrecht es prüfen würde. Albrecht bezeugte, dass er einige Telefonanrufe gemacht hätte. Das genügte den zwei Richtern des Neunten Berufungsgerichts und war ausschlaggebend für den vierten Fair-Use-Faktor zu Gunsten der WKG oder „schlimmstenfalls, neutral.“ Sie erinnern sich, der vierte Faktor („potentieller Markt“) wird vom Obersten Gerichtshof als „der Wichtigste“ der vier angesehen. Und da das Neunte Berufungsgericht dies als das schwächste Argument der WKG betrachtete, ließ die vorgetäuschte Kommentierung das Zünglein der Waage zu ihren Gunsten ausschlagen – wenn auch nur knapp.
All das bereitete der WKG ein Problem in Bezug zu unserer Gegenforderung, weil es keine Beweise von irgendwelchen Kommentierungsplänen für die anderen 18 Werke gab. In der Tat, in genau derselben eidesstattlichen Aussage, in der Albrecht sich durch all die Kontakte tastete, die er angeblich betreffend der kommentierten Ausgabe von Geheimnis der Zeitalter gemacht hatte, fragten wir ihn, ob die WKG vorhatte, irgendwelche der anderen Werke, die wir in unserer Gegenforderung aufgelistet hatten, zu veröffentlichen. Außer einer eventuellen Überarbeitung des Bibelfernlehrganges, antwortete Herr Albrecht, „weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt nichts von solchen Plänen.“ Also, wenn das Neunte Berufungsgericht uns zwang, die vorgetäuschte Kommentierung als eine Möglichkeit anzunehmen, schön. Wir glaubten es nicht aber wir mussten damit leben. Aber was die anderen Werke angeht, gab der Mann, dem die Verantwortung für die Kommentierung von Geheimnis der Zeitalter anvertraut war, zu, dass es „keine solchen Pläne gab.“ Wir argumentierten, dass diese Tatsachen den vierten Fair-Use-Faktor zu unseren Gunsten wenden würden. Hatten sie jetzt Kommentierungspläne für Das unglaubliche Potential des Menschen? Was ist mit den Büchern Die fehlende Dimension im Sexualwissen? Die USA und Großbritannien in der Prophezeiung?
E-Publishing
Abgesehen davon, dass wir dem Gericht darlegten, dass die WKG keine Produktionspläne für irgendeines der 18 Werke hatte, betonten wir auch die Tatsache, dass es für die PKG sinnlos wäre, von der WKG die Druckerlaubnis für die Werke zu bekommen. Wir verwiesen weiterhin auf die Aussage von der „christlichen Pflicht“, sowie auf Albrechts E-Mail vom Jahr 1997, das besagte, die WKG „erlaubt anderen nicht, unsere früheren Lehren und Doktrinen zu veröffentlichen.“ Um unserem Sinnlosigkeits-Argument entgegenzuwirken, wies die WKG am Ende des Sommers 2001 in Gerichtsakten darauf hin, dass sie fortlaufend jedes Angebot, die Werke von Herrn Armstrong zu lizensieren, objektiv beurteilt hätte. Sie schlugen weiterhin vor, dass wir – selbst dann noch – ihnen ein Angebot machen sollten. Darüber hinaus wiesen sie Sitzungsprotokolle vor, die besagten, dass die Aussage von Tkach Jr. bezüglich der „christlichen Pflicht“, seine eigenen, persönlichen Ansichten widerspiegelte und nicht die offizielle Position der Kirche.
Am 19. Okt. 2001 schrieb Matthew Morgan, der Sekretär des Verwaltungsrats der WKG, meinem Vater einen Brief. Darin erklärte Morgan, dass, sobald die PKG 1997 begonnen hatte, Geheimnis der Zeitalter zu verteilen, die WKG alle Erwägungen bezüglich „der besten Nutzung ihre urheberrechtlichen Vermögenswerte“ (das Buch war ein „Vermögenswert“) eingestellt hatte. Aber da der Rechtsstreit jetzt „zugunsten“ der WKG entschieden worden war (mit dem Beschluss des Neunten Berufungsgerichts), hatte der WKG-Verwaltungsrat jetzt beschlossen, was sie zu tun beabsichtigten. Trommelwirbel bitte. Ob Sie es glauben oder nicht, die WKG hatte jetzt „Pläne“ bezüglich Herrn Armstrongs anderer Werke! Es hat sich zufällig so ergeben, dass es genau die gleichen Literaturstücke waren, die wir in unserer Gegenforderung verlangten. Geheimnis der Zeitalter würde nicht verfügbar sein – nur jene, die bei Gericht noch nicht verhandelt wurden! Sie entschieden, alle 18 Werke über die noch nie zuvor verwendete Welt des „E-Publishing“ verfügbar zu machen.
Also, um Geheimnis der Zeitalter zu gewinnen, erzählten sie den Gerichten von ihren grandiosen Plänen, das Buch zu „kommentieren“. Dann, in ihrer Erklärung, warum diese Pläne nie verwirklicht wurden, sagten sie, sie mussten sie „auf Eis“ legen, bis der Rechtsstreit entschieden war. Nachdem der Beschluss im Neunten Berufungsgericht gefällt war, wandten sie ihre Aufmerksamkeit der Gegenforderung zu und erzählten den Gerichten von ihren konkreten Plänen, nicht für Geheimnis der Zeitalter sondern für die 18 Werke.
Lesen Sie hier, was Morgan in seinem Brief an meinen Vater vorschlug. Die PKG sollte alle Kosten der WKG für die Publikation bezahlen; wir sollten unsere Gegenforderung zurückziehen; die WKG würde trotzdem noch Schadenersatz verlangen können wegen des Verstoßes bezüglich Geheimnis der Zeitalter; sie würden Lizenzgebühren kassieren für jedes heruntergeladene Dokument; und sie behielten das Recht vor, die Publikation der Bücher jederzeit zu stoppen (vielleicht nachdem wir unsere Gegenforderung zurückgezogen hatten!).
Und sie wunderten sich, warum wir ihnen kein Angebot machen wollten.
Am 31. Okt. 2001 informierte uns die WKG, dass ihr ganzer Informationsaustausch bezüglich des „Angebots“ dem Gericht überreicht werde als Reaktion auf unser Argument, dass die Beantragung einer Lizenz sinnlos sei. Natürlich ist das der ganze Grund, weshalb sie den E-Publishing Plan zunächst in Umlauf setzten. Es war ein weiterer Trick im Rechtsstreit, um unsere Sinnlosigkeits-Verteidigung zu untergraben. In seinem Schreiben bestand Allan darauf, dass die PKG eine „direkte, sofortige und eindeutige Antwort auf das Ersuchen der WKG“ gibt.
Die Weichen waren gestellt für unseren Zusammenprall im November, wo wir feststellen würden, ob Richterin Snyder der WKG auf jeden Fall ein zusammenfassendes Urteil bezüglich der Gegenforderung einräumen würde, oder ob sie es verweigern und den Fall vor Gericht verhandeln lassen würde. Matthew Morgans Brief war der allerletzte Versuch der WKG, die Richterin zu überzeugen, zu ihren Gunsten zu urteilen.
Aber sie tat es nicht.
In ihrem Beschluss vom 14. November verwies die Richterin auf unseren Punkt, dass es keine Beweise für Pläne gab, die 18 Werke in irgendeiner Form zu veröffentlichen. Sie bezog sich dann auf Morgans Brief und einen darauffolgenden Aufsichtsratsbeschluss, die betreffenden Werke zu „veröffentlichen“. Aber weil es noch einige umstrittene Fakten in diesem Zusammenhang gab, urteilte sie: „… das Gericht kann von Rechts wegen nicht erkennen, dass in der Fair-Use-Klage der PKG ein zusammenfassendes Urteil angemessen wäre.“
Der Fall sollte vor Gericht verhandelt werden! Das bedeutete, dass, während die WKG mit dem Schadensersatzprozess wegen unserer Urheberrechts-Verletzung bezüglich Geheimnis der Zeitalter voranpreschte, wir Druck machten mit unserer Gegenforderung für das Recht, die anderen 18 Werke von Herrn Armstrong zu verteilen.
Deshalb, als alle Hoffnung verloren schien – nach der Rücknahme des Beschlusses im Neunten Berufungsgericht, nach dem Beschluss des Obersten Gerichts, unseren Fall abzulehnen – kam zur Rettung die Gegenklage angaloppiert. Sie werden sich daran erinnern, als mein Vater entschied, die Gegenforderung nach nur sieben Wochen in diesem Prozess einzureichen, geschah dies deshalb, weil wir offensiv bleiben wollten. Und ohne diese ausschlaggebende Entscheidung wären unsere Chancen auf Sieg nach der Ablehnung des Obersten Gerichtshofes im April 2001 so gut wie tot gewesen.
Doch unter den gegebenen Umständen hatten wir jetzt Leben.
Wird fortgesetzt ...