Ihr kostenloser Newsletter

Eine Lektion in internationalen Beziehungen von einer Weltmeisterschaft

CLIVE ROSE/GETTY IMAGES

Eine Lektion in internationalen Beziehungen von einer Weltmeisterschaft

„Ist die Weltmeisterschaft nun für Nationalisten oder für Bürger dieser Welt?“, fragte Kanishk Tharoor am 11. Juni in der New York Times . Das ist eine berechtigte Frage, besonders im Jahr 2018. „Nationalismus gegen Globalismus“, schrieb der Autor und Wirtschaftswissenschaftler Anatole Kaletsky am 20. Juni: „Das scheint der politische Konflikt zu sein, der dieses Jahrzehnt bestimmt.“

Da ich für die Posaune schreibe, ist es meine Pflicht, diesen „bestimmenden politischen Konflikt“ zu untersuchen, indem ich mir einen großen Teil der Fußballweltmeisterschaft ansehe. Viel Arbeit, aber sie muss getan werden.

Nehmen wir zum Beispiel Xherdan Shaqiri, ein mehrsprachiger muslimischer Profifußballspieler, der 1992 aus Jugoslawien in die Schweiz emigrierte und seitdem in Deutschland, Italien und Großbritannien gelebt hat. Shaqiri spielt für die Schweiz – er machte in der letzten Minute des Spiels gegen Serbien letzten Freitag einen großartigen Durchmarsch mitten durchs Spielfeld und sicherte sich das entscheidende Tor.

Shaqiris Leben und Karriere verkörpern wie die so vieler anderer Weltklassefußballer die Sichtweise der Globalisten. Diese Leute reisen durch die Welt, um Fußball zu spielen und ihr Leben ist scheinbar unbehindert von Grenzen, Politik oder Ideologie. Diese Menschen, so scheint es, sind im Prinzip Weltbürger.

Die Fußballweltmeisterschaft wurde von vielen als ein Testament der Tugenden des Globalismus verstanden. „Die Weltmeisterschaft ist ein Fest der Globalisierung“, schrieb Franklin Foer, Autor des Buches How Soccer Explains the World (Wie der Fußball die Welt erklärt). In diesem Moment scheinen in Russland hunderttausende von Fans aus allen möglichen Ländern überall auf der Welt ihre Differenzen überwunden und sich über den Fußball glücklich verbrüdert zu haben. „Genau so sollte die Globalisierung in den Augen ihrer Anhänger funktionieren“, schreibt Foer.

„Die Weltmeisterschaft lehrt uns, dass man sowohl im Fußball als auch im Leben ein stolzer Vertreter seiner Heimatstadt sein kann, aber doch gleichzeitig auch unverbesserlich global sein kann“, schrieb Tharoor (Hervorhebung durchweg hinzugefügt).

Beweist die Weltmeisterschaft die Vorteile der Globalisierung und dient so dem Anliegen von Globalisten wie Barack Obama?

Als Shaqiri am 22. Juni das Tor gegen Serbien geschossen hatte, feierte er das, indem er mit den Händen die Form eines zweiköpfigen Adlers nachahmte, einem nationalistischen Symbol der albanischen Unabhängigkeit. Serbien hat es dem Kosovo nie vergeben, dass es 2008 seine Unabhängigkeit erklärte. Serbien weigert sich bis heute, den Kosovo als eigenständigen Staat anzuerkennen. Shaqiris Gefühlsausbrüche brachten die serbischen Fans in Rage und lösten einen politischen Streit aus, der eine FIFA-Untersuchung nach sich zog, die mit einer Geldstrafe von 10.000 Schweizer Franken für Shaqiri (US$ 10.023) wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses endete“.

Es hat noch mehr nationalistische Gefühlsausbrüche gegeben. Tatsächlich stehen den Fußballvereinigungen von Polen, Mexiko, Argentinien, Serbien und Kroatien Anhörungen wegen voreingenommenen und beleidigenden Verhaltens bevor. Die polnische Fußballvereinigung erhielt eine Geldstrafe wegen eines beleidigenden Plakats, das polnische Fans während des Spiels gegen den Senegal hochhielten. (Das Plakat wurde nicht besonders spezifiziert, aber man glaubt, es sei ein großes Poster mit dem Mieczyk Chrobrego-Symbol gewesen, das die polnischen Rechtsextremen und nationalistischen Gruppen verwenden.)

Am 28. Juni wurden nach einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den Fans im Spartak Stadium in Moskau während des Spiels Brasilien-Serbien neun Personen festgenommen.

Worum es geht: Durch die Welt reisende Fußballer wie Shaqiri und auch die Weltmeisterschaft selbst scheinen die Vorzüge des Globalismus zu verbreiten und viele Spieler, Fans und Clubs versuchen, tolerant, respektvoll, unparteiisch und fair zu sein – trotzdem gibt es immer viele nationalistische Gefühle – sowohl auf dem Spielfeld als auch außerhalb davon.

Die wichtigste Frage ist: Sind die nationalistischen Gefühle ein normaler Teil des menschlichen Verhaltens?

Hören wir noch einmal, was Shaqiri sagt. Beachten Sie, wie er seinen nationalistischen Gefühlsausbruch am 22. Juni erklärt: „Beim Fußball kommen Gefühle auf. Sie haben ja gesehen, was ich gemacht habe. Alles nur Gefühle.“

Diese Feststellung beschreibt in vieler Hinsicht den Zustand des Menschen. Auch wenn sich die Menschen höhere Werte schaffen können (und sollten), so ist ihr erster unbeherrschbarer Impuls doch, sich selbst zu schützen und zu fördern – besonders in der Hitze des Gefechts, unter Druck und übermäßig emotionell – wie Shaqiri zugab. Er war so erfreut über seinen Treffer, dass er nicht umhin konnte, das mit einer angeberischen Geste zu feiern – eine Geste, die seinen Sieg verkündete und Serbien erniedrigte.

Auf der Weltmeisterschaft wird ein lang verschmähter Grundsatz klar sichtbar: Die Liebe zu sich selbst übertrumpft die Liebe zu den anderen. Das liegt in der Natur der zwischenmenschlichen Beziehungen. Es ist menschlich, dass es dringender ist, etwas zu bekommen als etwas zu geben. Jeder Mensch hat Gefühle und er erfährt in seinem Leben viel Druck, Stress, Unannehmlichkeiten und Bedrohungen. Wenn einem Menschen so etwas widerfährt, dann ist die natürliche Reaktion, sich selbst zu schützen und zu helfen, auch wenn das für andere Nachteile mit sich bringt.

Deshalb gewinnt beim Wettbewerb zwischen Nationalismus und Globalismus der Nationalismus.

Beachten Sie diese einfache, wenn auch tiefgründige Erklärung zu diesem Thema von Herbert W. Armstrong: „Die menschliche Natur – die Selbstgefälligkeit, Eigenliebe und Selbsterhöhung prägen dem Selbst das Grundprinzip der Rivalität auf – die ,Parteidisziplin‘. Deshalb sind Studenten beim Sport ihrer Mannschaft gegenüber loyal; sie sind jedoch gegen die gegnerische Mannschaft eingestellt. Das ist nur natürlich und entspricht ihrer Natur – dass die Leute ihrer eigenen politischen Partei gegenüber Loyalität empfinden, jedoch mit der gegnerischen Partei nicht im Einklang sind. Sie sind patriotisch für ihr Land und willens, Menschen anderer Länder im Krieg zu töten. Ihre Fußballmannschaft, ihre politische Partei, ihr Land – all das ist ein Teil ihres eigenen empirischen Selbst“ (Plain Truth, August 1962).

Es ist dringend notwendig, eine zusammengehörige Gemeinschaft globaler Bürger zu bilden – aber eine Welt ohne Grenzen, in der alle Menschen sich gegenseitig respektieren, ist in vieler Hinsicht nur ein nobles Bestreben. Aber es ist ein vergebliches Bestreben. Warum? Weil die Menschen, wie Herr Armstrong so gut erklärt, „von Selbstgefälligkeit, Eigenliebe und Selbsterhöhung angetrieben werden.“

So großartig wie sie ja sein mögen, sind doch Tugenden wie Respekt, Toleranz, Unvoreingenommenheit und Gerechtigkeitssinn normalerweise kein Teil des menschlichen Herzens und Geistes. „Trügerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es“, schrieb der Prophet Jeremias. Das soll nicht heißen, dass die Selbstsucht nicht vermindert und die Voreingenommenheit und Intoleranz nicht gemildert werden kann. Das passiert oft durch Technologie, Materialismus, Vorschriften und politische Maßnahmen. Aber in Wirklichkeit ist diese durch Mäßigung der Selbstsucht entstehende Realität nur oberflächlich. Unter Druck oder bei Bedrohungen wird sowohl eine Einzelperson als auch eine Gruppe von Personen immer versuchen, sich selbst zu schützen und zu fördern.

Heißt das, dass die Menschheit für immer zum Scheitern verurteilt ist? Ganz und gar nicht. Die Probleme des Menschen sind, wie Herr Armstrong erklärte, spiritueller Natur. Seit der Mensch existiert, konnte er nicht in Frieden, Einigkeit und Glückseligkeit leben, weder als einzelner noch in Gemeinschaften. Glücklicherweise kann und wird die menschliche Natur ausgerottet werden. Wie? Durch die Kraft von Gottes Heiligem Geist.

Das Thema der menschlichen Natur ist eins der wichtigsten und aufschlussreichsten, das man studieren kann. Wenn Sie mehr über sich selbst erfahren wollen, warum Sie so denken und sich so entscheiden, warum Sie sich so verhalten, wie Sie es tun, fangen Sie damit an, die Wahrheit über die menschliche Natur zu studieren.

Um mehr darüber zu erfahren, lesen Sie Das unglaubliche Potential des Menschen.