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Das Kurz Experiment

JOHN THYS/AFP/GETTY IMAGES

Das Kurz Experiment

Die europäische Politik ist ein siedender Kessel der Unsicherheit, Frustration und regelrechter Wut. In Deutschland ist die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, einstmals die „Königin Europas“, jetzt eine totale Niete. In Frankreich füllen tausende von „Gelbwesten“ nach wie vor die Straßen und verlangen die Hinrichtung des Präsidenten Emmanuel Macron auf der Guillotine. Derweil bringen, wie Richard Palmer am 22. Januar schrieb, rebellische, populistische Bewegungen in Italien, Spanien, Schweden und anderswo Chaos und Verwüstung über die etablierten Parteien und in die Politik.

Es gibt allerdings eine bemerkenswerten Ausnahme: Österreich.

Seit Dezember 2017 wird dieses kleine, jedoch einflussreiche Land von Sebastian Kurz regiert, einem dynamischen, 32 Jahre alten, katholischen Politiker, der Österreich (und Europa) im Sturm erobert hat. Vor Kurz war Österreich praktisch genau wie der Rest Europas. Das Land war im Hinblick auf die Fragen der Einwanderung, des Islams und der Europäischen Union gespalten. Die Leute waren von den etablierten Parteien enttäuscht und die Beliebtheit der extremen Rechtspartei, der Freiheitlichen Partei Österreichs, nahm stark zu.

Dann kam Sebastian Kurz. Heute „haben sich die extreme Rechte und die breite Masse in Österreich zusammengeschlossen“, stellte die Times im November fest. Österreichs neuer Kanzler hat die Etablierten und die extreme Rechte „in den Fragen, die die Europäer am meisten beunruhigen – nämlich Fragen der Identität, des Islams und der Einwanderung, irgendwie geeint.“ Heute ist Kurz beliebter als je zuvor und Österreich ist viel stabiler und zufriedener. Was ist sein Geheimnis?

Aufstrebenden Anführern in Europa erteilt das Kurz Experiment einige wichtige Lektionen:

Erste Lektion: Sei ein Mann des Volkes. Sebastian Kurz ist kein elitärer, hochnäsiger Politiker, der sich einer hochtrabenden Sprache bedient, um sich besonders klug vorzukommen und dem Publikum das Gefühl zu geben, es sei dumm. Er ist bodenständig, freundlich und aufgeschlossen. Er fliegt mit kommerziellen Flugzeugen und fährt oft mit dem Bus. Er scheint es wirklich zu genießen, unter Leuten zu sein. „Das ist sein Stil“, berichtete die Times nach einem Interview mit ihm. Einem seiner Berater zufolge „ist er herzlich. Er ist bescheiden. Er hört zu.“

Zweite Lektion: Vermeiden Sie es, als elitär oder als etablierter Politiker wahrgenommen zu werden. Ein Großteil der Attraktivität von Kurz kommt daher, dass er nicht der typische Politiker ist. Er sieht auch nicht so aus und klingt nicht wie ein Bürokrat. Es mag sein, dass er das Establishment anführt, aber er wird nicht als ein Teil dieses Establishments wahrgenommen. In dem heutigen politischen Klima wollen die Wähler rebellische Anführer, die sich nicht davor fürchten, das System zu erschüttern und die Probleme anzugehen. Kurz scheut sich nicht, auch heikle Themen anzusprechen. Er verschleiert nichts und lügt auch nicht. Oder zumindest scheint er nicht zu verschleiern oder zu lügen. Er scheint die Wahrheit zu sagen – geradeheraus, ohne Entschuldigungen und ohne sich politisch unkorrekt auszudrücken.

Kurz nachdem er die österreichischen Grenzen 2016 für Migranten geschlossen hatte, sagte er: „Diejenigen, die der Einwanderung keine klaren Grenzen setzen, werden bald anfangen, sich im eigenen Land wie Fremde zu fühlen.“ Sie werden niemals erleben, dass Angela Merkel oder Emmanuel Macron so eine Bemerkung macht. Aber Sebastian Kurz sagte das und die Österreicher liebten ihn dafür.

Dritte Lektion: Sprechen Sie populistische Themen an, aber seien Sie kein Populist. Kurz fürchtet sich nicht davor, heikle Probleme wie die Migration, den Islam und die EU anzugehen. Aber seine Ansichten zu diesen Angelegenheiten sind sehr differenziert. Er will keineswegs alle Muslime aus Österreich ausweisen. Er will viel mehr ihren Zustrom und ihren Einfluss steuern und zwar in dem Bestreben, die österreichische Kultur zu erhalten. Viele Leute halten diese Herangehensweise für vernünftig, umsichtig und angemessen. Kurz ist stark, aber kein Tyrann; unbürokratisch, aber nicht unstrukturiert; gegen das Establishment, aber nicht gegen die Regierung; er ist Nationalist, aber nicht erbarmungslos. Indem er populistische Themen anspricht, sich aber nicht wie ein Populist verhält, hat sich Kurz als Alternative für die extreme Rechte etabliert.

Vierte Lektion: Zuerst muss man das Herz ansprechen, dann den Verstand. Als er seine Ansichten darlegte, „konzentrierte Kurz seine Plattform auf wenige, oft wiederholte Aufzählungspunkte – gegen die Einwanderung, gegen den politisierten Islam und für die persönliche Verantwortlichkeit im Wirtschaftsbereich ohne zu viele politische Details“, schrieb Foreign Policy. Er vermeidet die bürokratische Sprache. Er spricht die Fragen, Ängste und Sorgen der Leute an.

Fünfte Lektion: Appellieren Sie an nationale Gefühle. Die Deutsche Welle sagte es kurz und bündig: Sebastian Kurz will „Österreich wieder groß und bedeutend machen“. Im März 2014, nachdem die Regierung seinem Außenministerium eine Abteilung für Integration angegliedert hatte, leitete Kurz die sogenannte „Stolz-Kampagne“ ein. Durch diese Kampagne ermutigte Kurz Immigranten in Österreich, auf den sozialen Medien und anderen Plattformen mitzuteilen, warum sie stolz darauf sind, in Österreich zu leben.

Sechste Lektion: Treten Sie für die Vision eines geeinten Europas ein. Trotz aller populistischen Ansichten ist Kurz wirklich für die Europäische Union. Er will die EU nicht auflösen – er will sie wiederherstellen. Kurz spricht nicht wie Viktor Orbán und auch andere unaufhörlich davon, das System zu stürzen. Er ist in seiner Kritik sehr viel differenzierter. In Brüssel wird Kurz von den führenden Politikern Europas bewundert und respektiert.

Kurz ist einer der wenigen Politiker in Europa, der den Respekt sowohl des österreichischen Volkes (und aller anderen europäischen Völker) als auch der europäischen Eliten und Politiker genießt. Dank dieser einmaligen Position ist er zum Mittler in einem Land geworden, das in seiner Geschichte oft zwischen Ost und West vermittelt hat. Tatsächlich sieht er sich auch selbst so. „Österreich ist ein Land, das in Europa eine Brückenkopffunktion zwischen Ost-und Westeuropa übernehmen kann“, sagte er 2017.

Siebte Lektion: Akzeptieren Sie Europas katholisches, imperiales Erbe. Die vielleicht am meisten unterschätzte Besonderheit von Sebastian Kurz ist sein katholischer Glaube. Im Februar 2017 erklärte er in der Wiener Kirchenzeitung die Rolle, die sein Glaube in seinem persönlichen Leben spielt: „Der Glaube spielt für mich eine wichtige Rolle. Ich habe leider wegen meiner Arbeit nur sehr selten Zeit, zur Messe zu gehen, aber an Feiertagen ist es für mich sehr wichtig, mit meiner Familie am Gottesdienst teilzunehmen. Auch in meinem Elternhaus waren der Glaube und die christlichen Werte besonders bedeutend.“

Sein katholischer Glaube hat auch Einfluss auf seine Politik. Der Katholische Herald berichtete, Kurz umgebe sich mit einem Team aus praktizierenden Katholiken und er treffe sich regelmäßig mit Autoritäten der katholischen Kirche. Am Wahltag sagte er den Reportern, er habe „an der sonntäglichen Messe in seiner Taufkirche in Gatterhölzl teilgenommen“, wo er betete. Am selben Tag schrieb er auf Twitter über seinen Besuch bei Christoph Schönborn, dem Erzbischof von Wien und möglichem Nachfolger von Papst Franziskus.

Während seiner Amtszeit als Außenminister wurde Kurz dafür bekannt, dass er einen katholischen Priester um Rat bat, den er fragte, wie er mit der Flüchtlingskrise umgehen sollte. Die Maßnahmen, die er danach traf, stoppten tatsächlich den Zustrom der Migranten nach Deutschland und nach Osteuropa.

Im Dezember beendete Österreich seine turnusmäßige, sechsmonatige Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union. Als Ratspräsident hatte Österreich – und besonders sein Bundeskanzler Sebastian Kurz – Gelegenheit, für besondere Anliegen überall in der EU zu werben. Kurz nutzte die Chance, um Österreichs kulturelles und imperiales Erbe zu betonen und konzentrierte sich dabei besonders auf das Heilige Römische Reich.

Hat Sebastian Kurz damit einen Entwurf zur Rettung Europas vorgestellt? Das wird sich mit der Zeit noch zeigen, aber die Resultate seiner Führerschaft sich offensichtlich. Die Krisenstimmung, die vor seinem Amtsantritt in seinem Land herrschte, hat nachgelassen. Österreichs populistischer Aufstand hat sich beruhigt. Das Problem der Migration besteht weiterhin, es ist jedoch unter Kontrolle. Die Wirtschaft des Landes ist stabil. Österreich ist politisch und sozial relativ zufriedengestellt. Mit anderen Worten: Österreich unterscheidet sich stark von praktisch allen anderen Ländern in Europa – und das hat es in erster Linie Sebastian Kurz zu verdanken.

Wenn Sie diesen Artikel noch nicht gelesen haben, empfehle ich Ihnen die Lektüre von Das Heilige Römische Reich geht an die Öffentlichkeit - aber hallo! vom Chefredakteur der Posaune Gerald Flurry. Er beschreibt den gesamten prophetischen Zusammenhang des Aufstiegs von Sebastian Kurz. 

DAS HEILIGE RÖMISCHE REICH IN DER PROPHEZEIUNG

Das Heilige Römische Reich hat grundlegende und tiefgreifende Beiträge zur westlichen Zivilisation geleistet – aber seine vielen Wiedergeburten waren auch von schmerzlichen und katastrophalen Folgen begleitet. Europäische Staats- und Regierungschefs haben sich zum Ziel gesetzt, den zersplitterten europäischen Kontinent zu vereinen, indem sie das Vermächtnis dieser außergewöhnlichen Kirche-Staat-Beziehung wiederbeleben. Eine der großen Lektionen dieses Reiches ist, dass es immer wieder zurückkommt. Es gibt jedes Mal eine andere Auferstehung. Das Heilige Römische Reich ist nicht nur ein Relikt der Geschichte. Es ist im Begriff, eine zentrale Rolle im Weltgeschehen zu spielen. Wenn man die Natur und den Charakter dieser mächtigen Institution verstehen lernt, dann verrät es einem genau so viel über die Zukunft wie auch über die Vergangenheit.