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Italien verweigert mehr als 600 Flüchtlingen das Asyl

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Italien verweigert mehr als 600 Flüchtlingen das Asyl

Inzwischen fordert Österreich eine „Achse der Länder“, die sich gegen die Migration verbünden wollen.

Italien weigerte sich am 10. Juni, einem Schiff, das mehr als 600 Flüchtlinge an Bord hatte, zu erlauben, in einem seiner Häfen anzulegen. Diese Entscheidung rückte die europäische Flüchtlingskrise wieder ins Rampenlicht. Frankreich brandmarkte Italien sofort, weil es seine Häfen für Flüchtlinge geschlossen hatte. Das Schiff, die Aquarius fuhr einige Tage ziellos auf dem Meer herum, während die europäischen Länder sich zankten, wer nun die Verantwortung für die Flüchtlinge übernehmen sollte. Die Situation unterstrich die Uneinigkeit in der Europäischen Union – und Europas zunehmenden Wunsch nach einer starken Führung.

Nach den Gesetzen der EU müssen Flüchtlinge in dem ersten europäischen Land Asyl beantragen, das sie betreten. Dieses Gesetz macht Druck auf Italien und Griechenland, in denen die meisten Flüchtlinge an Land gehen. Die Wirtschaft dieser Länder ist bereits stark angeschlagen. Selbst mit der Hilfe der anderen Länder verfügen sie nicht über genügend Mittel, sich um die hereinströmenden Flüchtlinge zu kümmern. Letztes Jahr kamen etwa 120 000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Italien. Nach Schätzungen der italienischen Regierung beliefen sich die Kosten für die Rettung und Versorgung dieser Flüchtlinge auf 4,2 Milliarden Euro (4,9 Milliarden US$). Andere setzen die Kosten sogar noch viel höher an.

Italien verweigert nur Flüchtlingen die Einreise, die von Nichtregierungsorganisationen (ngos) ins Land gebracht werden. Während des Streits um die Aquarius brachte ein Schiff der italienischen Marine 970 Migranten nach Italien. Italien ließ verlauten, es werde den Schiffen der ngos auch weiterhin den Zugang zu seinen Häfen verbieten. Mateo Salvini, der Chef der italienischen Lega Partei und der neue Innenminister Italiens will, dass die Regierung noch härter gegen die Migranten vorgeht. Letzte Woche sagte er, dass Italien „nicht Europas Flüchtlingslager sein könne“.

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron verurteilte Italiens Entschluss. Er nannte die Entscheidung, das Anlegen der Aquarius zu verbieten „zynisch und unverantwortlich“. Er warf der neuen italienischen Regierung „politische Ausbeutung“ vor und meinte, sie handele im Widerspruch zur Politik der EU. Er sagte, das könnte vielleicht sogar das internationale Seerecht verletzen.

Laut der Financial Times sagte Macron den Ministern seiner Regierung: „Wenn französische Küsten sich in der Nähe des Schiffes befänden, ließe er es in einen französischen Hafen einlaufen.“ Trotz seiner Worte zeigte sich Macron aber nicht bereit, die Migranten zu übernehmen. Daher warf Italien Macron Heuchelei vor. Der Chef der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung Luigi Di Maio sagte, wenn Frankreich sich wegen dieser Angelegenheit so viele Sorgen mache, „solle es doch seine Häfen öffnen und wir würden ein paar Leute nach Frankreich schicken.“

Sogar Papst Franziskus schaltete sich ein. Während einer Konferenz im Vatikan über Migration am 13. Juni forderte der Papst die europäischen Länder auf, bei der Lösung der Krise zusammenzuarbeiten. Er sagte, sie müssten ihre Geisteshaltung ändern. Anstatt sie als Bedrohung anzusehen, sollten sie die Migranten „als Personen wertschätzen, deren Erfahrung und Werte unsere Gesellschaft erheblich bereichern könnten“.

Um die Italiener zu beschwichtigen, ließ Macron verlauten, „er habe nicht die Absicht gehabt, Italien und die Italiener mit seinen Kommentaren zu beleidigen. Am 14. Juni räumte der französische Minister für europäische Angelegenheiten ein, „Europa müsse mehr tun, um Italien besser zu helfen.“ Frankreich und Italien sind sich allerdings keineswegs einig, was „mehr tun“ nun eigentlich bedeutet.

Schließlich bot Spanien freiwillig an, die Aquarius mit ihren mehr als 600 gestrandeten Flüchtlingen zu übernehmen – allerdings enthielt die Ankündigung des spanischen Ministerpräsidenten am 11. Juni auch eine kaum verhüllte Rüge. Er sagte, es sei Spaniens Pflicht, „mitzuhelfen, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern“. Er sagte auch, Spanien [böte] diesen Leuten „einen sicheren Hafen“ und erfülle so seine Verpflichtungen gemäß des internationalen Seerechts“ (Betonung durchweg hinzugefügt). Die spanische Regierung ist sehr viel migrantenfreundlicher als die neue italienische Koalition.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte diesen Monat, falls die Europäische Union keine Lösung für die Migrantenkrise finde, mit der alle Länder einverstanden sind, dann stünden die Grundfesten der EU auf dem Spiel. Sie könnte Recht haben.

Die Beziehungen zwischen Frankreich und Italien bleiben auch weiterhin gespannt. Die Wirtschaftsminister Frankreichs und Italiens hatten eigentlich für den 13. Juni eine Konferenz angesetzt, die aber wegen des Streits um die Aquarius verschoben wurde. Es wurde sogar vorgeschlagen, ein für den 15. Juni geplantes Treffen von Macron und dem italienischen Premierminister Giuseppe Conte zu vertagen. Salvini sagte, wenn Frankreich sich nicht offiziell entschuldigte, sähe es Italien als gerechtfertigt an, nicht zu dem Treffen zu erscheinen. Macron forderte Italien auf, „keinen Emotionen nachzugeben, die gewisse Leute manipulierten.“ Das Treffen wurde wie geplant durchgeführt.

Nicht wenige führende europäische Politiker glauben, dass Italien bezüglich der Aquarius die richtige Entscheidung getroffen hat. Der ungarische Premierminister Viktor Orbán lobte die italienische Entscheidung als „einen großen Moment, der wirklich eine Wende in der europäischen Migrationspolitik bringen könnte.“ Salvini war ganz besonders glücklich darüber, denn er postete nur wenige Minuten nach der spanischen Ankündigung „Ein Sieg!“ auf Facebook.

Andere sind nicht damit einverstanden. Frau Merkel ist entschieden gegen eine Antimigrantenpolitik, aber sie wurde diese Woche in ihrem eigenen Kabinett mit ernstzunehmenden Meinungsverschiedenheiten konfrontiert. Vielen Deutschen gefällt Frau Merkels Flüchtlingspolitik überhaupt nicht. Politico berichtete über eine jüngst durchgeführte Umfrage, der zufolge mehr als zwei Drittel der Deutschen der Ansicht sind, die Regierung müsse zumindest einen Teil der Flüchtlinge an der Grenze abweisen, ein Plan, den Frau Merkel ablehnt. Gemäß der Umfrage glaubt mehr als die Hälfte aller Deutschen, dass Frau Merkel, was die Flüchtlingskrise angeht, nicht richtig gehandelt hat. Frau Merkels Innenminister Horst Seehofer, der ihre Flüchtlingspolitik vorher schon als „Kapitulation“ bezeichnet hatte, ist ebenfalls dieser Ansicht.

Diese Meinung vertritt auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. Kurz traf sich mit Seehofer am 13. Juni. Laut der bbc sagten beide, „sie hätten mit Italien eine Strategie zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung vereinbart.“ Kurz forderte eine Achse der Länder, die beabsichtigen, … die illegale Einwanderung zu bekämpfen.“ Nach diesem Treffen sagte er Reportern: „Ich freue mich auf die gute Kooperation, die wir zwischen Rom, Wien und Berlin aufbauen wollen. Ich denke, wir werden gut zusammenarbeiten, was dazu beitragen wird, die illegale Migration nach Europa zu verringern.“

Die italienische Lega-Partei und die österreichische Freiheitspartei sind bereits Mitglieder der Koalition für ein Europa „der Nationen und der Freiheit“ im europäischen Parlament. Zu dieser Gruppe von Einwanderungsgegnern gehört auch Frankreichs Nationale Front. Gemäß einer Übersetzung des cnn steht in der Charta dieser Koalition, dass „die europäische Kultur, unsere Werte und unsere Freiheit einem Angriff ausgesetzt sind. Sie werden von der zerstörerischen und diktatorischen Macht der Europäischen Union bedroht. Sie werden bedroht durch die Massenimmigration, aber auch durch die offenen Grenzen und durch die alleinige europäische Währung: Nur eine Größe passt nicht allen.“

Das ist Italiens Hauptproblem mit der Flüchtlingspolitik: Eine Größe passt nicht allen. Italien ist der Ansicht, dass es die Hauptlast der Flüchtlingskrise trägt. Es sei nur fair, wenn die anderen Länder zumindest einen Teil der Last mittragen. Aber auch wenn Länder wie Frankreich dem im Prinzip zustimmen, wollen sie trotzdem keine Flüchtlinge aufnehmen. Die Flüchtlingskrise bringt die EU-Länder gegeneinander auf und sie können sich nicht auf eine gute Lösung für das Problem einigen. Dazu schrieb der Redaktionsleiter von Trumpet.com Brad Mcdonald in der Novemberausgabe 2015 der Posaune:

Die Flüchtlingskrise hat auf vielerlei Weise die nationale Politik (und die nationalen Anführer) gegen die EU-Politik (und die führenden Politiker der EU) aufgebracht. Manchmal haben Länder einfach die Politik und die Prinzipien der EU missachtet und eine Politik verfolgt, die ihren eigenen Interessen diente… Wenn es hart auf hart kommt, hat die Politik der nationalen Interessen fast immer die EU Politik ersetzt.

Die Flüchtlingskrise hat Deutschland (und Europa) in eine umwälzende Identitätskrise gestürzt. Deutschland und Europa werden nach einem Anführer Ausschau halten, der die gegenwärtigen Ereignisse richtig versteht. Sie werden sich jemanden suchen, der in der Lage ist, diese neue Identität zu prägen – jemand, der Russland entgegentreten kann, der hart gegen die Flüchtlinge vorgeht und schließlich auch die Wirtschaftskrise löst.

Die Auseinandersetzung um das italienische Flüchtlingsschiff hat die tiefe Spaltung der europäischen Politik aufgezeigt. Immer mehr Europäer verlangen nach jemandem, der energische Maßnahmen ergreift und diese Krise löst. „Die Achse der Länder“ des Herrn Kurz könnte der Anfang dazu sein. Allerdings wird diese Gruppe ohne die Beteiligung Deutschlands wohl kaum in der Lage sein, viel an Europas Flüchtlingspolitik zu ändern.

Der Chefredakteur der Posaune Gerald Flurry schrieb in der Novembernummer 2015:

Was Europa gerade jetzt am meisten braucht, ist eine starke Führung. …

Europas Flüchtlingskrise hat bewirkt, dass diese Frage jetzt im Vordergrund steht – eine Frage, die Herbert W. Armstrong schon vor mehr als 80 Jahren als erster stellte: Wer wird wohl Europas starker Mann sein? Europa braucht ganz klar einen Anführer mit Vision – einen Anführer, der in der Lage ist, diese epischen Probleme zu bewältigen.

Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, wie die Flüchtlingskrise zum Aufstieg dieses starken Anführers führen könnte, lesen Sie bitte Herrn Flurrys Artikel Ein starker deutscher Anführer steht unmittelbar bevor