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Europas größter Einheitsstifter

Getty Images/(c)iStock.com/Sean_Warren

Europas größter Einheitsstifter

Der Internationale Karlspreis zu Aachen wird an Papst Franziskus verliehen, verkündete das Direktorium der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises am 23. Dezember. Der Preis wird an „Persönlichkeiten und Institutionen“ verliehen, „die sich um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben“, schreibt die Website.1

Wenn auch so manche der Begründer der Europäischen Union ihre Arbeit von einem katholischen Standpunkt aus betrachteten, so tun dies heute viele nicht mehr. Und doch wird jetzt gerade der Papst als Hoffnungsspender für die Zukunft auserkoren, während sich Europa um Einigkeit ringend an einem kritischen Scheidepunkt wiederfindet.

Europa erlebte sieben Jahre lang „Schwächen, Krisen und Rückschläge“, die „einen dramatischen Vertrauensverlust“ zur Folge hatten, schreibt das Direktorium. „In dieser Zeit, in der viele Bürgerinnen und Bürger in Europa Orientierung suchen, sendet [der Papst] eine Botschaft der Hoffnung und der Ermutigung aus […].“ Auf der Website lesen wir, dass die Empfänger des Preises „über nachhaltigste […] Einflussmöglichkeiten auf den europäischen Integrationsprozess [verfügen]“ .

Papst Johannes Paul II. war der erste Papst, dem der Karlspreis verliehen werden sollte. Er empfing die Auszeichnung 2005 kurz vor seinem Tod. Als Einziger erhielt er den „außerordentlichen Karlspreis“. Hierin wurde seine Rolle in der Überwindung des Kommunismus hervorgehoben, die es Ost- und Westeuropa überhaupt erst ermöglichte, aufeinander zuzugehen.

Der Economist schreibt: „[D]as Direktorium betont, Papst Franziskus habe mehr als jeder andere der Entwicklung Europas neues Leben eingehaucht zu einer Zeit, in der dieses Bestreben nur noch kümmerlich verfolgt wurde“ (27. Dezember 2015).

In seiner Ankündigung der Auswahl des Papstes zitiert das Direktorium seine Rede an das Europäische Parlament im Jahre 2014. In dieser betont der Papst Einheit und „eine Botschaft der Hoffnung und Ermutigung allen Bürgern Europas“.

Nicht nur das Direktorium des Internationalen Karlspreises sieht diese Hoffnung.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist eine Denkfabrik, die Kanzlerin Merkels CDU in ihrer politischen Ausrichtung und Arbeit unterstützt. Im November 2015 veröffentlichte die Stiftung einen Beitrag mit dem Titel „Mikrostaat und Supermacht – Der Vatikan in der internationalen Politik“. Dort schreiben die Autoren: „Der Vatikan ist auf den ersten Blick ein Mikrostaat ohne große Ressourcenausstattung [...]“ . „Dennoch ist er – nicht zuletzt durch seine Teilidentität mit einer Weltreligion – mit hoher Symbolmacht ausgestattet: religiös, kulturell und sozial durchaus eine Supermacht.“

Diese Veröffentlichung erwähnt spezifisch die Macht des Vatikans als Vermittler und Förderer der Einheit und beschreibt, wie „[d]er Heilige Stuhl […] denn auch schon lange, insbesondere seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, mit Geduld und im Verborgenen an zentralen weltpolitischen Entscheidungen und Ereignissen mit[wirkt]“ .

Der ausführliche Text erwähnt vielerlei Beispiele für die Vermittlungsrolle der katholischen Kirche von der Zeit des Kalten Krieges bis hinein in die Gegenwart. In einer Zeit, in der ganz Europa Einheit bitter nötig hat, blickt die Denkfabrik der Partei Angela Merkels auf den Vatikan und reflektiert seinen bisherigen Beitrag in der Förderung einer solchen Einheit.

Die prophezeite Rolle des Vatikans

Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft „konnte […] [bis jetzt] keine vollständige politische Union herbeiführen“, schrieb Herbert W. Armstrong vor über 40 Jahren in seinem Buch Die USA und Großbritannien in der Prophezeiung  . „[…] [A]ber das wird durch die „guten Dienste“ des Vatikans ermöglicht werden, der allein das Symbol der Einheit sein kann, auf das Europa blicken kann.“ Der Karlspreis und die Veröffentlichung der Konrad-Adenauer-Stiftung deuten darauf hin, dass aus dem Kreise der Mächtigen und Einflussreichen so manche die vereinende Kraft des Vatikans anerkennen.

Sie erinnern auch zu rechter Zeit daran, welche tiefen aber selten wahrgenommenen Verbindungen die katholische Kirche zu dem Projekt Europa hat. Der Großteil der Begründer der EU waren überzeugte Katholiken. Für Männer wie Jean Monnet, Robert Schuman, Alcide de Gasperi, Otto von Habsburg und Konrad Adenauer war das europäische Unterfangen in gleichem Maße ein religiöses wie auch politisches Ziel.

Von Anfang an stand die katholische Kirche sowohl im Glauben als auch politisch hinter diesem Projekt. 1962 schrieb Topic, ein beliebtes englisches Magazin zu der Zeit: „Der Vatikan, der im Allgemeinen nicht seiner Eingebung entsprungenen politischen Veränderungen gegenüber eine misstrauische Haltung einnimmt, sieht in der Wirtschaftsgemeinschaft das Werk göttlicher Vorsehung. Seit den Tagen des spanischen Karl V. wurde keine römisch-katholische politische Macht mehr so stark verschweißt. Seit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches wurde dem Heiligen Stuhl kein solcher katholischer Sammelpunkt wie die Wirtschaftsgemeinschaft angeboten. Wären die ‚Römischen Verträge‘, die die Wirtschaftsgemeinschaft begründen, innerhalb der Mauern des Vatikans unterzeichnet worden, hätten sie nicht deutlicher im Sinne der Kirche sein können.“

Die Rolle der Kirche im Zusammenschluss Europas geht noch weiter zurück. Karl der Große nutzte die katholische Kirche zur Vereinigung seines Reiches vor 1.200 Jahren. Die Catholic Encyclopedia schreibt hierzu, Karl der Große habe uns „die Vorstellung eines aus verschiedenen Geschlechtern unter dem geistlichen Einfluss des einen katholischen Glaubens und des einen Stellvertreters Christi zusammengeschweißten Europas […]“ hinterlassen. Karl der Große setzte natürlich mehr als nur „geistlichen Einfluss“ ein, um diesen einen Glauben zu verbreiten – andersgläubige Stämme wurden massakriert.

Dieses Erbe wird durch den Karlspreis wiederbelebt. Ein Erbe, mit dem europäische Politiker durchaus vertraut sind. Die Geschichte zeigt ihnen, dass der Weg zu einem vereinten Europa über den Vatikan führt. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns ebenso, wohin dieser Weg schlussendlich führt.