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EU verlängert und erweitert Libyen-Marinemission

ALBERTO PIZZOLI/AFP/Getty Images

EU verlängert und erweitert Libyen-Marinemission

Dem islamischen Staat den Erhalt von Waffen zu erschweren, ist ein nobles Ziel, aber steckt womöglich mehr hinter der Ausweitung der Operation Sophia?

JERUSALEM – Am 20. Juni beschloss die Europäische Union die Verlängerung und Ausweitung ihrer Mittelmeer-Marinemission vor der Küste Libyens.

Im Rahmen der Operation Sophia, wie die Mission genannt wird, patrouillieren seit vergangenem Jahr Marineschiffe und Flugzeuge in den Gewässern kurz vor der libyschen Küste mit dem Ziel, den Menschenschmuggel nach Europa zu stören – auf der von Migranten mittlerweile bevorzugten Route aus Afrika. Nach Angaben der EU lässt sich der Erfolg der Mission in den 16.000 Migranten messen, die vergangenes Jahr vor dem Ertrinken im Mittelmeer gerettet wurden, sowie den 139 neutralisierten Schmuggler-Schiffen. Zudem wurden 71 mutmaßliche Schmuggler verhaftet.

In Anbetracht des Erfolges ist es nicht verwunderlich, dass die Mission bis Juli 2017 verlängert wurde.

Doch wurde die Mission nicht nur verlängert, sondern die EU weitet die Ziele der Mission auf die Ausbildung libyscher Seestreitkräfte und die Durchsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen aus. Dies bedeutet, dass es europäischen Kräften gestattet sein wird, jedes Schiff in Richtung Libyen zu entern, wenn sie vermuten, es könne womöglich Waffen transportieren. Sie werden zudem bevollmächtigt, verdächtige Schiffe in ihre Gewalt zu bringen.

Beworben wurde diese Vereinbarung als ein Versuch, dem Islamischen Staat, der sich derzeit in der nördlichen libyschen Stadt Sirte hält, den Zugang zu Waffen zu erschweren. Doch wird, wie auch die Russen erkennen, das Waffenembargo nicht nur den Islamischen Staat treffen.

Russland hinterfragt Europas Motivation

Die Entscheidung, Operation Sophia zu erweitern, fiel, nachdem Mitglieder der EU den UN-Sicherheitsrat (UNSC) mit der Bitte angesprochen hatten, ihnen die Befugnis zu erteilen, das Embargo durchzusetzen. Vor der Entscheidung des Rates erklärte EU-Außenbeauftragte Friederike Mogherini: „Ich kann nur hoffen, dass dieser Rat einmal mehr das Richtige tut und uns hilft, das Mittelmeer zu einem sicheren Ort für alle zu machen.“

Nach der erfolgreichen Abstimmung im Sicherheitsrat wiederholte Mogherini ihre Bemerkung im folgenden Tweet:

https://twitter.com/FedericaMog/status/742820935208701952?ref_src=twsrc%5Etfw

Während der Sicherheitsrat die Mission einstimmig unterstützte, war die russische Delegation spürbar besorgt darüber, dass mehr hinter um den Wunsch der EU stecken könne, Operation Sophia zu erweitern. Moskaus stellvertretender UN-Botschafter, Vladimir Safronkov, ging sogar so weit, die Frage in den Raum zu stellen, was denn nun die „wahren Motive “ hinter der europäischen Unterstützung des Abkommens sein mögen, und beschwerte sich darüber, dass der Text vernachlässige, zu betonen, dass das Ziel darin bestünde, vereinte Sicherheitskräfte in Libyen zu etablieren.

Die Europäer haben etwas in Libyen vor und die Russen kommen ihnen offensichtlich auf die Schliche.

Die aktuelle Erweiterung der Mission muss vor dem Hintergrund einer Entscheidung der Vereinten Nationen letzten Monat betrachtet werden, die einmal mehr von der EU vorangetrieben wurde. Hierbei ging es darum, das Waffenembargo für die von der EU unterstützte und mit ins Leben gerufene libysche Regierung der Nationalen Einheit (GNA) teilweise aufzuheben. Lassen wir uns nicht von ihrem Namen in die Irre führen – die GNA spricht mitnichten im Namen aller Libyer. Tatsächlich ist es so, dass eine starke, demokratisch gewählte Regierung nach wie vor aus der östlich gelegenen libyschen Stadt Tobruk herauskommend agiert. Zudem ist die libysche Nationalarmee (LNA) mit der Regierung im Osten des Landes verbündet und stellt Libyens wohl effektivste Kraft im Kampf gegen den Islamischen Staat.

Die Entscheidung letzten Monat jedoch ernennt die GNA zum „einzig legitimen Empfänger internationaler Unterstützung in Belangen der Sicherheit“. Alle anderen Gruppen, einschließlich der LNA, gelten als illegitim und werden in ihrem Kampf gegen den Islamischen Staat nicht unterstützt.

Diese mutigen Schritte der EU sorgen dafür, dass die libysche Regierung im Westen Waffen und Munition erhält, während die rivalisierende Regierung im Osten Libyens keinerlei Unterstützung erfährt. Dazu kommt, dass Operation Sophia es der EU ermöglicht, sicherzustellen, dass die LNA keine Unterstützung erhält, zumindest auf dem Seeweg.

Daher kommt es, dass die Russen besorgt darüber sind, dass der Text der aufgewerteten Mission nicht das Ziel der Schaffung eines vereinten, den Islamischen Staat bekämpfenden Sicherheitsapparates in Libyen betont. Offensichtlich hat die EU ihren Versuch, die Regierungen im Osten und im Westen Libyens zu vereinen, schon lange aufgegeben.

Auch wenn die Russen Europas Motive infrage stellen, ist ihnen wohl nicht bewusst, dass die Ziele der EU darüber hinausgehen, eine libysche Regierung der anderen vorzuziehen.

Es geht nicht um den Islamischen Staat

Die EU bewarb die Ausweitung der Operation Sophia als notwendig im Kampf gegen den Islamischen Staat in Libyen. Auch wenn der Islamische Staat in Libyen von dem Einsatz betroffen sein mag, gehen die Ziele Europas in Libyen über die Zerstörung des Islamischen Staates hinaus. Tatsächlich übernahmen letzte Woche libysche Milizen die Kontrolle über den Hafen von Sirte und erschwerten es so dem Islamischen Staat, auf dem Seeweg an Waffen zu gelangen.

Es geht nicht so sehr um den Islamischen Staat, sondern vielmehr darum, dass die Ausweitung der Mission Europa in eine bessere Lage versetzt, Kontrolle über das südliche Mittelmeer auszuüben.

Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts zur Fortsetzung und Erweiterung der Operation Sophia kommentierte dies Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit den Worten: „Es ist wichtig, dass der Charakter des Mandats so erweitert wird , dass er sich mehr auf die Ursachen der Flüchtlingsströme konzentriert.“

Wie von der Leyen versteht, ist der Islamische Staat nicht die Ursache der Flüchtlingsströme Richtung Europa. Flüchtlinge drängten auf Booten nach Europa, lange bevor es den Islamischen Staat in Libyen gab (oder auch in Syrien). Vielmehr begannen die Flüchtlingsbewegungen infolge der allgemeinen Instabilität und des Chaos im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 nach dem Sturz der Diktatoren vor Ort und wurden verstärkt durch das darauffolgende Wachstum radikal-islamischer Bewegungen in der Region.

Deutschland und die EU arbeiten daran, Lösungen für beide Ursachen zu finden, und beginnen dabei mit Libyen. Sie haben ihre Variante einer Regierung in Form der GNA errichtet und arbeiten nun daran, sicherzustellen, dass der radikale Islam bekämpft wird.

Laut von der Leyen hat Deutschland Interesse daran, entlang der europäischen Grenzen für „mehr Ordnung“ zu sorgen. Im Blick auf dieses Mehr an Ordnung arbeitet Deutschland daran, seine Beteiligung an der Mission von derzeit 400 Soldaten auf 950 nächstes Jahr aufzustocken. Während die Zahlen an sich vernachlässigbar gering erscheinen mögen, ist die Tatsache, dass Deutschland seine Rolle im südlichen Mittelmeerraum ausweitet, durchaus bemerkenswert.

Diese aktuelle Erweiterung der Mission ist nach wie vor nur Phase eins des Plans. Nach einem geheimen Bericht, der Wikileaks zu Beginn des Jahres zugespielt worden war, bestehen die letzten beiden Phasen der Operation Sophia in EU-Militäroperationen in libyschen Hoheitsgewässern – und schließlich in dem Einsatz europäischer Bodentruppen in Libyen .

In dem geheimen Dokument wird zudem die EU aufgefordert, den Prozess der Bildung einer „zuverlässigen“ Regierung in Libyen zu beschleunigen, einer Regierung, von der erwartet werden würde, der Ausweitung der EU-Militäroperationen an Land ihre Zustimmung zu erteilen. Mit der GNA – streng genommen einer Schöpfung der EU und der internationalen Gemeinschaft – ist eben das schon in Arbeit. Wie lange dauert es wohl, bis die GNA Unterstützung aus Europa anfordert?

Wie Posaune-Chefredakteur Gerald Flurry im Juli 2016 in der Posaune schreibt, verfolgten Deutschland und Italien einst den Traum, den südlichen Mittelmeerraum zu beherrschen und ein afrikanisches Reich zu erschaffen. Von 1941 bis 1943 war ihnen das um ein Haar gelungen. Versuchen sie womöglich erneut, diesen Traum zu verwirklichen, und beginnen hierbei mit etwas so Subtilem wie Operation Sophia?

In Flurrys Artikel lesen Sie, wie selbst Operation Sophia von langer Hand in über 20 Jahren sorgfältiger deutscher Planung vorangetrieben wurde mit dem Ziel der südlichen Ausweitung über das Mittelmeer.