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Das EU-Türkei-Abkommen ist schlimm, aber das Schlimmste kommt noch

Spencer Platt/Getty Images

Das EU-Türkei-Abkommen ist schlimm, aber das Schlimmste kommt noch

Für viele hochrangige Politiker ist es schon klar, dass das Abkommen mit der Türkei gescheitert ist. Was kommt als Nächstes?

Am 18. März vereinbarte die Europäische Union ein Abkommen mit der Türkei, das den Zustrom von Flüchtlingen nach Europa verringern sollte. Der Deal sagte, dass jeder, der illegal nach Griechenland kommt, in die Türkei zurückgeschickt wird. Für jeden zurückgeschickten Migranten würde die EU einen syrischen Flüchtling von den türkischen Lagern aufnehmen, wobei denen Vorrang gegeben würde, die nicht versucht hatten, die EU illegal zu erreichen.

Im Rahmen der Vereinbarung versprach Europa Ankara auch eine Unterstützung von 3 Milliarden Dollar, beschleunigte EU-Beitrittsverhandlungen und eine mit Ende Juni beginnende Lockerung der Visabeschränkungen für türkische Bürger.

Viele Analysten sahen diesen Deal als problematisch und sogar illegal, weil die Türkei die Anforderungen eines „sicheren Landes“ nach der Genfer Konvention nicht erfüllt. Für viele war das Abkommen keine schnelle Lösung.

Zwar hatte das Abkommen die Zahlen von ankommenden Flüchtlingen in Griechenland erheblich reduziert, aber schon nach drei Monaten steht es kurz vor dem Zusammenbruch.

IRIN (Integriertes regionales Informationsnetz), eine Nachrichtenagentur die von Menschenrechtsaktivisten unterstützt wird, schrieb:

Kaum war die Tinte unter dem EU-Türkei-Abkommen trocken (es wurde am 20. März abgeschlossen), gab es viele Hinweise darauf, dass es keines [kein sicheres Drittland] war. In den vergangenen zwei Monaten gab es zahlreiche dokumentierte Fälle, in denen Syrer, die die Grenze zu überqueren versuchten, von türkischen Wachen beschossen und getötet wurden. Des Weiteren wurden Rückkehrer in abgelegene Lager ohne Zugang zu Anwälten festgehalten trotz Garantien, dass diejenigen, die in die Türkei zurückkehrten, dort auch Zugang zu Asylverfahren haben würden.

Das EU-Türkei-Abkommen blieb trotz Menschenrechtsverletzungen in Kraft. In jüngster Zeit sind noch größere Deal-Brecher aufgetaucht.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und die türkische Regierung haben ein visumfreies Reisen in Europa als Bezahlung für ihre Zusammenarbeit gefordert. Das Problem dabei ist, dass die Türkei die EU-Anforderungen für eine solche Reiseerlaubnis nicht erfüllt. Aber Ankara hat die größere Hebelwirkung bei den Verhandlungen, da die EU in diesem Deal von der Türkei stark abhängig ist. Des Weiteren ist der Erfolg des Abkommens auch von der Unterstützung der europäischen Bürger abhängig. Stratfor berichtete:

Die Europäische Union wird diese Flexibilität nur dann haben, wenn die europäischen Bürger glauben, dass der Deal die beste Option ist, womit der Kontinent die Migrationskrise bewältigen kann. Schließlich sind viele Europäer empfindlich gegenüber den vermeintlichen Menschenrechtsverletzungen der Türkei und dessen Rechtsstaatlichkeit, und werden deshalb zögerlich sein, diese sicherheitsrelevanten Anforderungen für die EU-Visa-Liberalisierung, welche Ankara zu denken geben, zu lockern.

Die Bundesregierung war die Hauptantriebskraft in den EU-Türkei Verhandlungen, aber es hat dabei die Unterstützung des deutschen Volkes verloren. Laut einer ZDF-Umfrage im Mai, glaubten nur 34 Prozent der Deutschen, das das Abkommen erfolgreich sein würde; 59 Prozent dachten, es würde scheitern. Darüber hinaus sehen 91 Prozent der Deutschen die Türkei als keinen verlässlichen Partner. Viele glauben, dass Kanzlerin Angela Merkel zu viel von dem Abkommen hält. Ihre Partei hat trotz der Ankunft von weniger Migranten an Popularität verloren.

Die Entscheidung des Bundestags, den Völkermord an den Armeniern (bezugnehmend auf die armenische Verfolgung durch türkisch-osmanische Truppen vor über 100 Jahren) anzuerkennen, verschlechterte die Deutsch-Türkische Beziehung weiter. Präsident Erdoğan forderte das deutsche Parlament auf, gegen die Anerkennung eines „Völkermordes“ zu stimmen, da es sonst Konsequenzen geben würde. Die Abstimmungsergebnisse erzürnten Erdoğan, der sagte, dass die türkischstämmigen deutschen Bundestagsmitglieder einen Bluttest machen sollten, um herauszufinden, ob sie wirklich Türken seien.

BBC stellte fest, dass der Zeitpunkt nicht schlechter für die Kanzlerin hätte sein können. Frau Merkel wurde heftig kritisiert, als sie die Verfolgung des deutschen Satirikers Jan Böhmermann erlaubte, der ein beleidigendes Gedicht gegen Präsident Erdoğan schrieb. Sie versuchte das Türkei-Abkommen zu fördern, die deutsche Bevölkerung zufrieden zu stellen, Erdoğan zu beschwichtigen und andere europäische Staats- und Regierungschefs zu beruhigen. All das konnte sie nicht bewältigen.

Der Spiegel, eine der in Deutschland meistverkauften Zeitschriften schrieb, dass niemand glauben sollte, dass die türkische Außenpolitik sich mit dem aktuellen Präsidenten im Amt ändern wird. Jetzt sei Europa auf sich selbst gestellt und muss eine eigene Lösung finden. Offensichtlich ist Europa auf der Suche nach einer besseren Lösung.

Doch bisher hatte sich Kanzlerin Angela Merkel an ihre Türkei-Abkommen geklammert und erlitt trotz ihrer Beliebtheit einen Niederschlag. Sie weiß, dass, wenn das Türkei-Abkommen scheitert, wird auch ihre Flüchtlingspolitik scheitern. Noch wichtiger, sie weiß, dass die Alternativen zum EU-Türkei-Abkommen viel schlimmer sind.

Als das Türkei-Abkommen verfasst wurde, schrieben wir in der Posaune:

Dies sehen wir in Deutschlands Abkommen mit der Türkei: die ersten großen Anzeichen dafür, dass Europa seine „Nachkriegsfassade“ ablegt. Schlägt das Abkommen fehl, wird die Situation noch dramatischer, die EU zu noch verzweifelteren Maßnahmen gedrängt – und die linke, menschenrechtsliebende, multikulturelle EU, die wir heute kennen, wird zunehmend zu etwas ganz anderem.

Andere europäische Führer wollen eine andere Lösung. In einem Interview mit dem Spiegel, sagte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz:

Das Abkommen mit der Türkei kann nur Plan B sein. Plan A muss ein starkes Europa sein, das bereit ist, seine Außengrenzen selbst zu schützen. Wenn wir das nicht tun, dann leben wir in einem Europa, das abhängig ist – von anderen Staaten, vielleicht sogar von Persönlichkeiten wie Präsident Erdoğan. Und Abhängigkeit ist gefährlich.

Sein Plan ist es, das Mittelmeer abzuriegeln, die Schaffung eines schlagkräftigen gemeinsamen Schutzes der EU Außengrenze und für viel mehr humanitäre Hilfe in den Herkunftsländern zu sorgen. Des Weiteren sagt er, dass Europa selbst entscheiden muss, wer zu uns kommt und nicht die Schlepper. Um dies zu erreichen, schlug er vor, ein Aufnahmezentrum für Migranten auf einer Insel im Mittelmeer zu schaffen. Sein Plan würde die Zahl der Flüchtlinge drastisch verringern, ihre Abhängigkeit von der Türkei lockern und mehr Ordnung im Nahen Osten und in Afrika schaffen. Er hat einen Plan aber keineswegs die Macht, ihn umzusetzen.

Im Gegensatz zu Kurz hat Finanzminister Wolfgang Schäuble einen größeren Einfluss in Europa: Er ist der einflussreichste deutsche Politiker neben der Kanzlerin. Vor kurzem hat auch er einen Teil seiner Lösung erklärt. N-TV, ein deutscher TV-Nachrichtensender berichtete online:

Zugleich forderte er einen grundlegenden Wandel im Umgang mit der arabischen Welt und Afrika. „Afrika wird unser Problem sein, wir müssen diese Aufgabe annehmen.“ Angesichts der vielen Flüchtlinge aus den Krisenzonen des Mittleren Ostens und Afrikas folgerte Schäuble, dass „wir mehr im Irak investieren müssen, in Syrien und in Libyen“, so der CDU-Politiker. „Und dann werden wir in der Subsahara mehr für deren Entwicklung bezahlen müssen.“

Eine Richtung, in die auch die jüngsten Pläne aus Brüssel gehen, wonach mit Staaten in Afrika und Nahost über ein gesondertes Flüchtlingsabkommen verhandelt werden soll. Ein Investitionsplan, der laut EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans einen Rahmen von bis zu 62 Milliarden Euro aus privaten und öffentlichen Mitteln umfassen könnte, soll nicht nur sicherstellen, dass die Länder dieser Regionen Flüchtlinge zurücknehmen, sondern auch die Fluchtursachen bekämpfen.

Es ist klar, dass der EU-Türkei-Deal keine langfristige Lösung sein wird. Europa wird gezwungen sein, direkt in Afrika und im Nahen Osten einzugreifen durch die Bereitstellung militärischer Unterstützung. Schäuble erwähnte auch, dass mehr finanzielle Unterstützung und Handel nötig sei:

Für Schäuble heißt das im Klartext: Europa muss seine Märkte für Produkte aus diesen Regionen öffnen. „Die Nordafrikaner verlangen das jetzt von uns, wenn sie Flüchtlinge zurückhalten", sagte Schäuble. "Aber die haben doch auch recht." In der globalisierten Welt sei es notwendig, "noch einmal eine maßvolle Revolution, einen grundlegenden Wandel ohne Übertreibung zu schaffen.“

Eigentlich brauchten die reichen Länder gar nicht mehr so viel Wachstum, erklärte Schäuble weiter. „Lasst uns doch lieber die aufstrebenden Ökonomien des Südens stärker fördern.“

Der Chefredakteur der Posaune, Gerald Flurry, identifiziert den Iran als die Hauptursache der Probleme im Nahen Osten. Der Iran unterstützt die Muslimbruderschaft in Ägypten, hilft Syrien in der Unterdrückung seiner Bürger und sponsert die Terrororganisation Al-Qaida, die die Gewalt in Libyen unterstützt. Der Iran unterstützt auch die Terroristen im Libanon und in Gaza. Somit ist der Iran die eigentliche Ursache der Flüchtlingskrise. Der Islamische Staat ist nur ein kleiner Fisch im großen Teich. Jedes Mal, wenn Europa darüber spricht, die Ursache der Flüchtlingskrise anzupacken, spricht es eigentlich direkt oder indirekt über den Kampf gegen den Iran.

Der Deal mit der Türkei kann keine dauerhaften Lösungen bringen, weil es das Problem nicht löst. Schäuble hat richtig erkannt, dass das Problem in den Herkunftsländern liegt. Aber was ist ihr Problem? Was ist das Problem in Syrien, Libyen, im Irak, in Ägypten und anderen Ländern des Nahen Ostens und afrikanischen Ländern? Es ist der radikale Islam.

Herr Flurry erklärte, dass Deutschland sich mit der Ursache des radikalen Islam beschäftigen muss. Dazu wird es eine Allianz mit anderen Ländern im Nahen Osten und Afrika bilden müssen. Da die Türkei die Brücke von Europa in den Nahen Osten ist, wird auch sie ihren Teil dazu beitragen müssen, aber nicht in der Art und Weise, wie das heute der Fall ist. Der Iran wird umzingelt und der Terrorismus an der Wurzel abgetrennt werden. Um mehr darüber zu erfahren, wie Europa die Flüchtlingskrise lösen wird und was danach kommt, lesen Sie den Artikel „Die Wirbelwind Prophezeiung.“